NW - Haller Kreisblatt

Wer löst die Rätsel um eine alte Dorfschule?

Der Heimatvere­in Häger braucht bei der Übersetzun­g einer Chronik rund um die Ortsgeschi­chte dringend Hilfe.

- Birgit Nolte Werther-Häger.

Etwas ratlos blättert Uwe Gehring durch die alte Chronik. Neben ihrem Stellvertr­eter sitzt die Vorsitzend­e des Heimatvere­ins Häger. „Also ich kann die Schrift nicht lesen“, stellt Christiane Dammeyer nach ein paar Seiten fest. „Ich auch nicht“, pflichtet ihr Gehring bei. „Ich kann noch nicht mal sagen, ob das Altdeutsch oder Sütterlin ist.“Kein Zweifel, der Heimatvere­in braucht Hilfe.

Bei den historisch­en Aufzeichnu­ngen handelt es sich um die Chronik der alten Hägeraner Schule Bleeke. Der frühere Ortsheimat­pfleger Horst Berkemann hat das dicke Heft aufbewahrt. Nach seinem Tod ging es in die Hände des Heimatvere­ins über. „Es handelt sich aber um viel mehr als eine Schulchron­ik“unterstrei­cht Uwe Gehring. Die Lehrer hielten das ganze Leben in Häger fest, inklusive der Auswirkung­en zweier Weltkriege. Ein Eintrag in leserliche­r Schrift als Beispiel: „Im Februar 1940 machten wir die erste Bekanntsch­aft mit den Fliegern.“

Zu diesem Zeitpunkt stand die Schule schon seit mehr als 150 Jahren. „Da gab es Häger noch gar nicht, sondern nur eine Bauernscha­ft“, berichtet Uwe Gehring.

Doch der Wunsch nach einer eigenen Schule war schon da. Die Hägeraner taten sich mit den Bauernscha­ften Schrötting­hausen, Rotenhagen

und in Richtung Neuenkirch­en mit der Wallenbrüc­ker Mark zusammen. Im Oktober 1772 saßen die ersten Kinder auf der Schulbank. Sie alle lebten maximal rund vier Kilometerv­onderSchul­eentfernt.Ohne Fahrrad oder Bus – beides zu der Zeit noch nicht erfunden–wärederWeg­zumUnterri­cht zu Fuß sonst viel zu weit gewesen.

An Kindern mangelte es in dem überschaub­aren, ländlichen Gebiet offenbar nicht. Die Schule Bleeke war bestens besucht. Eintragung­en aus den 1910er und 1920er Jahren nennen rund 170 Schülerinn­en und Schüler. Das war die Zeit des Übergangs zur Volksschul­e.

1906 wurde das Schulgebäu­de neu gebaut und 1958 erweitert. „Ich bin dort selbst zur Schule gegangen“, so Gehring. 1968 war die Ära Volksschul­e beendet, und der Betrieb wurde eingestell­t. Durch weitere Anbauten entstand aus dem Gebäudekom­plex des Lehrbetrie­bs das Bürgerhaus in seiner heutigen Form.

Geschichte soll allen zugänglich gemacht werden

Zu gerne würde der Heimatvere­in nun auch die Einträge in der Chronik lesen können, die die Lehrer in altdeutsch­er Schrift oder Sütterlin verfasst haben. Mehr als 200 Seiten der Chronik sind so beschriebe­n worden. „Ich habe es schon mit KI versucht, aber das Ergebnis war sehr, sehr holprig“, so Gehring.

Jetzt hofft der Verein auf die Hilfe von Menschen, die Freude am Übersetzen alter Schriften haben. „Also ehrenamtli­ch, bezahlen können wir dafür nichts“, betont Gehring. DennderHei­matvereinh­atmit den Dokumenten noch einiges vor. Sobald alles in heutiger Schrift vorliegt, möchte der Vorstand das Ergebnis in einem Buch veröffentl­ichen, damit die Hägeraner Chronik für alle mit Sinn für HeimatHist­orie zugänglich ist. Vorbild dafür ist die Haller Chronik der Schule zu Eggeberg, die bereits in gebundener Form erschienen ist.

Wer mithelfen möchte, wendet sich an Uwe Gehring unter Tel. 05203 3600 oder per Mail an uwegehring@pos teo.de. „Die betreffend­en Seitensind­schonallek­opiert.Jetzt müssen sie nur noch verteilt werden“, hoffen Gehring und Dammeyer auf die Hilfe zahlreiche­r Schriftkun­diger.

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Foto: Birgit Nolte DieVorsitz­endedesHei­matvereins­Häger,Christiane­Dammeyer,undihrStel­lvertreter­UweGehring­blättern durch die Chronik der Schule Bleeke. Beim Entziffern brauchen sie dringend Hilfe.

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