Vom ersten Mitarbeiter zum guten Freund
Eine Zufallsbegegnung bringt Andreas Möller 1999 beruflich nach Versmold. Generationen von Jugendlichen lernen bei ihm das Fahren. Was sich verändert hat, und welche Herausforderungen es gibt.
Versmold. Über ein Geschenk zum Jubiläum freut sich Andreas Möller besonders: eine eigens gestaltete und schick gerahmte Urkunde seines Chefs. Dazu gibt es reichlich lobende Worte und einen Gutschein, der ebenso nicht alltäglich ist. Zusammen werden Inhaber Christian Kern und sein langjähriger Mitarbeiter auf Motorradtour in die Pyrenäen gehen. Eine solche Unternehmung macht man wohl nur, wenn man nicht nur beruflich auf einer Wellenlänge ist.
Christian Kern spricht von einem seiner „treuesten Fahrlehrer und Mitarbeiter“, den er in den 25 Jahren eben auch als „besonderen Freund“schätzen gelernt habe. „Menschen wie dich findet man nur äußerst selten“, so der Unternehmer in seiner Rede anlässlich des silbernen Jubiläums seines Mitarbeiters.
1996 übernahm Christian Kern die Fahrschule seines Onkels Siegfried Klaus Meinert, der diese 30 Jahre zuvor gegründet hatte. 1999 hörte Meinert als Fahrlehrer auf – zu diesem Zeitpunkt fing Andreas Möller im Betrieb an. Bis 1998 war der Haller bei der Bundeswehr und hatte dort seinen Fahrlehrerschein abgelegt. „Wie viele in meiner Generation“, erinnert sich der gebürtige Wertheraner.
Versmolder Fahrschule ist stetig gewachsen
Nach der Zeit beim Bund arbeitete Möller zunächst in einer Haller Fahrschule, und über diesen Weg lernte er den Versmolder beruflich kennen. Andreas Möller wurde schließlich der erste Mitarbeiter von Christian Kern. Der einstige Zwei-Fahrlehrer-Betrieb ist inzwischen deutlich gewachsen. Heute bringen zehn Personen den jungen Menschen das Fahren bei. Dazu kommen Mitarbeiter im Büro.
Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Loyalität – diese drei Eigenschaften zeichnenden Jubilar aus, zählt der Chef auf. „Durch deine fachliche und menschliche Kompetenz und deinen unermüdlichen Einsatz hast du wesentlich am Aufbau und Erfolg unserer Fahrschule beigetragen“, so Christian Kern. Ein wichtiger Schritt in der Unternehmensgeschichte war vor zehn Jahren der Umzug an die heutige Adresse, den Wohn- und Geschäftskomplex an der Münsterstraße 61.
Wie viele Fahrschüler Andreas Möller in der Zeit begleitet hat, möchte das „Haller Kreisblatt“wissen. Da können die beiden nur grob schätzen. Etwa 2.000 müssten es gewesen sein. Dass er jeden Tag unterschiedlichen Personen begegnet, das mache ihm besonders Freude am Beruf. „Obwohl ich angestellt bin, arbeite ich selbstständig“, nennt Möller
weitern einen en So leitet der Haller die Filiale in Borgholzhausen. Einen weiteren Standort gibt es in Dissen.
Die Anforderungen an die Fahrschüler seien mit den Jahren gestiegen, erzählen die erfahrenen Fahrlehrer, die sich mit einem Augenzwinkern gerne mal als „Pädagogen für Verkehrsrecht und angewandte Fahrphysik“bezeichnen. Das hohe Verkehrsaufkommen, den „Schilderwald“, von dem Christian Kern spricht, viel Technik am Fahrzeug, längere Prüfungszeiten und einen umfassenderen Fragenkatalog nennen sie als Beispiele. Insgesamt ist der Straßenverkehr komplexer geworden. „Früher galt auf einer Landstraße entweder 100 oder 70, in der Stadt 50“, so der Chef. Inzwischen wechselten sich Tempo-30-Zone, streckenbezogene Geschwindigkeitsbegrenzungen und verkehrsberuhigter Bereich ab.
Schwierigere Rahmenbedingungen auf der einen Seite. Auf der anderen Seite, das betont Andreas Möller, hätten sich die Einstellung und das Lernverhalten vieler Jugendlicher verändert. „Viele Kinder nehmen gar nicht mehr wahr, was im Straßenverkehr passiert“, sagt der 57-Jährige mit Blick auf dauernde Handynutzung als Beifahrer im Auto der Eltern. Entsprechende Erfahrung und Orientierung fehlten dann später als erste Grundlage.
Und wie tickt der Fahrlehrer als Beifahrer?
Ein anderer Aspekt: die Bereitschaft, für die theoretische Prüfung zu pauken. „Führerschein hat mit Anstrengung zu tun“, betont Andreas Möller. Immer wieder stellen die Fahrlehrer aber fest, dass junge Leute mit nur zehn Prozent Prüfungsreife die Theorie ablegen wollen.
Da wundert es die beiden nicht, dass die Durchfall-Quote bundesweit hoch ist. Reichlich Geduld und viel Verständnis – beides ist wichtig, um die Fahrschülerauf Kurs zubringen und sie auf die Prüfung vorzubereiten. „Der Führerschein ist die Lizenz zum Weiterlernen“, sagt Christian Kern.
Wer beruflich jeden Tag den Fahrschülern Anweisungen gibt – kann der im Privaten diese Rolle als Beifahrer überhaupt ablegen? Christian Kern und AndreasMöll er müssen bei der Frage schmunzeln. „Ich mache den Schulterblick oft automatisch mit. Das sitzt so drin“, sagt der Versmolder. Und der Haller erzählt: „Es ist schon vorgekommen, da habe ich zu mir selbst gesagt: Die nächste Straße links bitte.“