Im Keller wird die Kunst gestapelt
Die Stadt sammelt Ellwanger Künstlerinnen und Künstler – Im Sommer gibt’s ein Regalsystem
ELLWANGEN - Rund 350 Kunstwerke hat die Stadt Ellwangen. Und sie sammelt weiter. Vor allem Werke Ellwanger Künstlerinnen und Künstler. Was nicht in den Rathausfluren, Büros und Schulen hängt, wird im Wertsicherungsraum im Keller gelagert. Besser gesagt, gestapelt. Das soll sich im Sommer ändern. Dann kommt ein neues Regalsystem.
Hinter der 20 Zentimeter dicken Stahltür im Keller verbergen sich allerlei Schätze, aber auch Kurioses. Styroporschachteln mit den Armbrüsten fürs Elchschießen sind aufeinander gestapelt. In einer Sporttasche mit dem Aufkleber „Unbedingt imWertsicherungsraum lagern“sind die Ellwangen-Trikots fürs Fußballspiel der Nationen. Sie scheinen sehr begehrt zu sein.
Was man von dem altmodischen Porträt einer streng blickenden Frau im hochgeschlossenen, schwarzen Kleid nicht behaupten kann. „So etwas hängt sich keiner gern in seine moderne Schule“, sagt Kulturamtsleiter Anselm Grupp, der die Kunstsammlung verwaltet. Rund 100 Kunstwerke hängen im Rathaus und den Schulen, 250 sind im Keller. Weil es kein vernünftiges Aufbewahrunssystem gibt, sind die kleineren Bilder in Regalen gestapelt, die größeren lehnen an den Wänden. Finden kann man hier nichts. Oder erst nach längerer Suche.
Das soll sich ändern. Im neuen System hängen die Bilder, so werden sie nicht beschädigt und man findet sie schnell. 4000 bis 5000 Euro wird es kosten, die Mittel sind im Haushalt bereitgestellt.
Der historische Bestand der Sammlung ist klein
Im Keller wird Kunst aber nicht nur verwahrt, es kommt auch immer wieder Neues dazu. Grupp hat sich auf Ellwanger Künstlerinnen und Künstler mit Schwerpunkt 20. und 21. Jahrhundert verlegt. Sein Ziel ist es, möglichst von jedem etwas zu haben. Aus dem 19. Jahrhundert gebe es nicht viel. Und alles was davor war, gehörte zur Fürstpropstei und ist entweder im Schloss oder in Ludwigsburg. Der historische Bestand ist deshalb klein und beschränkt sich auf ein paar Kruzifixe aus dem ehemaligen Spital, in dem heute das Rathaus ist, und Bildern, die im 19. Jahrhundert fürs Rathaus angeschafft wurden.
4000 bis 5000 Euro aus dem Ausstellungsetat verwendet Grupp jedes Jahr für Ankäufe. Er verfolgt, was bei den Auktionshäusern angeboten wird und schaut, was sich bei Ebay unterm Stichwort Ellwangen findet. Zuletzt waren es ein Holzschnitt von Helmut Esdar, dem früheren Kunsterzieher am Peutinger-Gymnasium. Und Bilder von Emma Schlette, die gerade gereinigt und gerahmt werden.
Nicht alle Ellwanger Künstler waren gleich gut, räumt Grupp ein. Manche haben auch eine etwas fragwürdige Vergangenheit, wie Hans Retzbach, der berühmteste der drei Künstler-Geschwister, der im Krieg Hitler-Fresken produzierte, danach aber auch die Büste des Widerstandskämpfers Eugen Bolz, die im Schönen Graben steht. Anders Joka Huber, der in Ellwangen geboren, dann aber fortgezogen ist. Er hat im Krieg einen Judas mit Hitlerbärtchen gemalt, weshalb er sofort an die Front abkommandiert wurde. Er hat der Stadt eine expressive Ansicht von Röhlingen geschenkt.
Ein Geschenk war auch das überlebensgroße Porträt von Sebastian Merkle, der in Ellwangen geboren wurde und 1898 zum Professor für Kirchenrecht an der Universität Würzburg berufen wurde. Oder eine Kiste aus dem Nachlass von Kurt Salaw, der zu den ersten Grafikern gehört und die seine Tochter der Stadt geschenkt hat.
Auch Werke von lebenden Künstlern finden sich in der Sammlung. Wie die von Siegfried Rimpler, dessen Qualität oft unterschätzt werde, wie Grupp bedauert. Oder von den Kunsterziehern Ulrich Brauchle und Gerhard Stock. Von den Bildern von Karl Stirner, von denen die Stadt etwa 30 hat, wurden viele schon zu dessen Lebzeiten angeschafft. Auch, um ihn finanziell zu unterstützten, sagt Grupp. Wobei Stirners Werke heute immer noch einen hohen Wert haben.
Als Grupp die Sammlung übernommen hat, hat er mehrere Jahre die Lebenswege der Ellwanger Künstler recherchiert. Ergebnis war im Jubiläumsjahr die Ausstellung „Das Bild einer Stadt“, bei dem Werke von allen im Schloss gezeigt wurden. Der Katalog dient auch als Lexikon, denn alle Künstler sind mit einem Werk und einem kurzen Lebenslauf vertreten.
Bilder, die die Stadt sammelt, müssen nicht unbedingt einen Wert, aber etwas mit Ellwangen zu tun haben, sagt Grupp. So wie der liebevoll gestaltete, handgeschriebene Brief oder der kleine Druck eines Ellwanger Trachtenpaars, die sich einträchtig das Regalbrett mit Stirner teilen.