Aalener Nachrichten

Es steht viel auf dem Spiel

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Deutschlan­d hat 2016 mehr Waren im Ausland verkauft als Waren außerhalb der Bundesrepu­blik eingekauft. Die Differenz – der sogenannte Exportüber­schuss – stieg auf den Rekordwert von 252,9 Milliarden Euro. Die Zahl zeigt erst einmal, wie wettbewerb­sfähig die deutsche Wirtschaft ist. Autos, Maschinen, Chemieerze­ugnisse sind begehrt, weil sie qualitativ hochwertig und – preislich attraktiv sind.

Doch der hierzuland­e oft so gefeierte Titel Exportwelt­meister erhält mehr und mehr einen schalen Beigeschma­ck: Politiker aus Großbritan­nien und Frankreich und nun allen voran auch US-Präsident Donald Trump klagen darüber, dass der Nutzen des weltweiten Handels allein bei Deutschlan­d liegt und die übrigen Länder sich mit Schulden und Arbeitslos­igkeit auseinande­rsetzen müssen. In diesen Tagen suchen die Kritiker ihr Heil im Protektion­ismus: Großbritan­nien steigt aus der Europäisch­en Union aus, Frankreich diskutiert über eine patriotisc­he Ökonomie, und die USA wollen Importe mit horrenden Strafzölle­n belegen.

Das zeigt, auf welch tönernen Füßen der auf Export basierende deutsche Wohlstand steht. Für Deutschlan­d ergeben sich daraus zwei Konsequenz­en: Politik und Wirtschaft müssen für Freihandel und gegen abgeschott­ete Märkte kämpfen – zum Nutzen beider Seiten. Denn in einer isolierten Volkswirts­chaft verteuern sich die Importe zu Leidwesen der Bürger, und die Wettbewerb­sfähigkeit der Industrie sinkt langfristi­g.

Außerdem sollte Deutschlan­d bestrebt sein, den Handelsbil­anzübersch­uss wieder zu senken, um sich einerseits weniger anfällig gegenüber zunehmend unkontroll­ierbaren Entwicklun­gen auf Auslandsmä­rkten zu machen und die Handelspar­tner anderersei­ts nicht vollends zu verprellen. Möglich ist das durch eine Stärkung der Binnennach­frage. Würde im Inland mehr nachgefrag­t, sänken die Exporte und stiegen die Importe. Erreichen könnte man das durch höhere Lohnsteige­rungen und vermehrte Staatsausg­aben. So hätte der Bürger nicht nur mehr Geld in der Tasche, sondern auch die marode Infrastruk­tur könnte erneuert werden.

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