In der Spitzengruppe
Baden-Württembergs Abgeordnete liegen bei Diäten, Zuschüssen und Pensionen weit vorn
STUTTGART - Aller Kritik zum Trotz: Am Donnerstag haben Grüne, CDU und SPD im Stuttgarter Landtag neue Regeln zur Altersversorgung von Abgeordneten beschlossen. Einer Verdoppelung der Zuschüsse für Mitarbeiter und Sachkosten stimmte auch die FDP zu. Nur die AfD lehnte beide Reformen ab. Redner von Grünen und CDU betonten in der Debatte, Baden-Württemberg bleibe eines der bundesweit günstigsten Parlamente. Aber stimmt das auch?
Die Antwort darauf lautet: Ja, aber. Denn die Äußerung bezieht sich auf die Gesamtkosten des Landtags. Setzt man diese ins Verhältnis zu der Einwohnerzahl von BadenWürttemberg, kostet das Parlament jeden Bürger rund 7,60 Euro im Jahr. Im Schnitt aller Länderparlamente in Deutschland kosten diese aber mehr als 13 Euro pro Kopf. Nach Berechnungen der Landtagsverwaltung wird das Stuttgarter Parlament auch nach den neuen Regeln weniger als zehn Euro pro Bürger kosten.
Mehr als Gehälter
Nun folgt das Aber. Denn in der Summe der Landtagskosten sind nicht nur Gehälter, Vorsorgeleistungen und sonstige Kostenpauschalen für Abgeordnete enthalten. Vielmehr handelt es sich um das Gesamtbudget des Parlaments und seiner Verwaltung. Es schließt also beispielsweise Gelder für die Protokollführer, für die Betreuung von Besuchergruppen oder die technische Ausstattung ein. Ebenso wie die Kosten für den Landesbeauftragten für Datenschutz und für die Landeszentrale für politisch Bildung.
Im Bundesvergleich verdienen Abgeordnete in Nordrhein-Westfalen mit 11 006 Euro am meisten, es folgen Schleswig-Holstein, Brandenburg, Bayern und dann Baden-Württemberg mit 7616 Euro. Schlusslicht ist Berlin mit 3601 Euro. Bundestagsabgeordnete beziehen 9327 Euro an Diäten.
Diäten im oberen Drittel
Künftig bekommen Baden-Württembergs Abgeordnete außerdem pro Monat 2160 Euro für Sachkosten und 10 438 Euro für Mitarbeiter. Man hat sich am Bundestag orientiert, dort liegt diese Summen doppelt so hoch. Aber wie sieht es in anderen Landtagen aus? In Bayern gibt es mehr für Sachkosten, nämlich 3377 Euro, aber weniger für Mitarbeiter (10 162 Euro). Ähnlich hoch sind die Zuschüsse in Niedersachsen. Damit liegen diese drei Länder weit vor den meisten anderen. Beispiel Nordrhein-Westfalen: Zwar klingt dort die Grunddiät wie bereits beschrieben mit über 11 000 üppig, aber darüber hinaus bekommen Parlamentarier dort keine Sachkosten erstattet. Für Mitarbeiter dürfen sie höchstens 4300 Euro zusätzlich ausgeben.
Auch in Schleswig-Holstein müssen Landespolitiker mit weniger Geld auskommen. Zu rund 8000 Euro Diät kommen nur 1028 Euro für Mitarbeiter und Reisekosten, die pro Fahrt abgerechnet werden. Einreichen können Abgeordnete nur Fahrten in ihrem Wahlkreis oder von dort in die Landeshauptstadt Kiel. Allerdings zahlt der Landtag dort pro Abgeordneten deutlich mehr Zuschüsse an die einzelnen Fraktionen, nämlich 91 000 Euro statt wie in Baden-Württemberg 48 000 Euro.
Außerdem hat der Landtag am Donnerstag die Reform der Altersbezüge beschlossen. 2008 hatten die damaligen Abgeordneten die staatliche Pension für sich und ihre Kollegen abgeschafft. Das galt sogar rückwirkend: Wer erst ab 2003 im Landtag saß, musste sich privat rentenversichern. Etwas mehr als 1600 Euro erhalten Abgeordnete seitdem zu diesem Zweck monatlich. Nach Abzug der Steuern bleiben 1100 Euro.
Das ist der Höchstbeitrag, den gesetzlich Versicherte in die Rentenkasse zahlen können. Die Abgeordneten müssen dies in Rentenversicherungen einzahlen, Anlageformen wie etwa Aktienfonds sind nicht erlaubt. Wegen der derzeit niedrigen Zinsen sind solche Verträge wenig attraktiv.
Vom Wechsel zu dem Privatmodell fühlten sich vor allem Abgeordnete benachteiligt, die ab 2001 oder 2005 ins Parlament gewählt wurden. „Wir haben uns unter den alten Bedingungen darauf eingelassen, dann wurde die Neuregelung rückwirkend beschlossen“, sagt eine Betroffene.
Kredite aufgenommen
Zwar wurden damals auch die Diäten um 30 Prozent angehoben. Aber die Betroffenen bekamen die Beiträge, die sie rückwirkend in die private Versicherung zahlen mussten, als einen großen Betrag ausgezahlt. Aus steuerlichen Gründen wurde davon aber soviel abgezogen, dass einige Kredite aufnahmen, um die Rentenzahlungen bis 2003 rückwirkend leisten zu können.
Andere berichten, in achteinhalb Jahren im Parlament einen Anspruch auf 450 Euro Rente monatlich erworben zu haben – aus ihrer Sicht zu wenig.
Nach den nun geltenden Regeln können Abgeordnete sich neben diesem für ein weiteres Modell entscheiden. Pro Jahr im Parlament bekommen sie mit 67 Jahren eine staatliche Altersversorgung in Höhe von 2,5 Prozent der monatlichen Grunddiät. Ein Abgeordneter im Land nimmt sein Mandat durchschnittlich 13 Jahre wahr. Dann würde er rund 2470 Euro Pension monatlich bekommen. Wer so lange den Höchstbeitrag in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt, erhält 813 Euro. Wie viel private Rentenversicherungen abwerfen, ist sehr unterschiedlich und hängt unter anderem von den Zinsen ab.
Ein Blick in andere Länder zeigt: Wer sich für die Pension entscheidet, befindet sich in guter Gesellschaft. Viele Länderparlamente zahlen ähnliche Pensionen aus. In Bayern kommt man nach 13 Jahren im Landtag auf rund 3500 Euro Pension im Monat, in Hessen auf rund 3140 Euro, in Rheinland-Pfalz auf 2530 Euro.
Monatliche Zuschüsse zur privaten Vorsorge zahlen etwa NRW (rund 2170 Euro), Brandenburg mit 1712 Euro und Schleswig-Holstein mit 1500 Euro.
„Wir bleiben eines der günstigsten Parlamente in der Bundesrepublik.“ Wolfgang Reinhart (CDU)