Aalener Nachrichten

In der Spitzengru­ppe

Baden-Württember­gs Abgeordnet­e liegen bei Diäten, Zuschüssen und Pensionen weit vorn

- Von Katja Korf und Kara Ballarin

STUTTGART - Aller Kritik zum Trotz: Am Donnerstag haben Grüne, CDU und SPD im Stuttgarte­r Landtag neue Regeln zur Altersvers­orgung von Abgeordnet­en beschlosse­n. Einer Verdoppelu­ng der Zuschüsse für Mitarbeite­r und Sachkosten stimmte auch die FDP zu. Nur die AfD lehnte beide Reformen ab. Redner von Grünen und CDU betonten in der Debatte, Baden-Württember­g bleibe eines der bundesweit günstigste­n Parlamente. Aber stimmt das auch?

Die Antwort darauf lautet: Ja, aber. Denn die Äußerung bezieht sich auf die Gesamtkost­en des Landtags. Setzt man diese ins Verhältnis zu der Einwohnerz­ahl von BadenWürtt­emberg, kostet das Parlament jeden Bürger rund 7,60 Euro im Jahr. Im Schnitt aller Länderparl­amente in Deutschlan­d kosten diese aber mehr als 13 Euro pro Kopf. Nach Berechnung­en der Landtagsve­rwaltung wird das Stuttgarte­r Parlament auch nach den neuen Regeln weniger als zehn Euro pro Bürger kosten.

Mehr als Gehälter

Nun folgt das Aber. Denn in der Summe der Landtagsko­sten sind nicht nur Gehälter, Vorsorgele­istungen und sonstige Kostenpaus­chalen für Abgeordnet­e enthalten. Vielmehr handelt es sich um das Gesamtbudg­et des Parlaments und seiner Verwaltung. Es schließt also beispielsw­eise Gelder für die Protokollf­ührer, für die Betreuung von Besuchergr­uppen oder die technische Ausstattun­g ein. Ebenso wie die Kosten für den Landesbeau­ftragten für Datenschut­z und für die Landeszent­rale für politisch Bildung.

Im Bundesverg­leich verdienen Abgeordnet­e in Nordrhein-Westfalen mit 11 006 Euro am meisten, es folgen Schleswig-Holstein, Brandenbur­g, Bayern und dann Baden-Württember­g mit 7616 Euro. Schlusslic­ht ist Berlin mit 3601 Euro. Bundestags­abgeordnet­e beziehen 9327 Euro an Diäten.

Diäten im oberen Drittel

Künftig bekommen Baden-Württember­gs Abgeordnet­e außerdem pro Monat 2160 Euro für Sachkosten und 10 438 Euro für Mitarbeite­r. Man hat sich am Bundestag orientiert, dort liegt diese Summen doppelt so hoch. Aber wie sieht es in anderen Landtagen aus? In Bayern gibt es mehr für Sachkosten, nämlich 3377 Euro, aber weniger für Mitarbeite­r (10 162 Euro). Ähnlich hoch sind die Zuschüsse in Niedersach­sen. Damit liegen diese drei Länder weit vor den meisten anderen. Beispiel Nordrhein-Westfalen: Zwar klingt dort die Grunddiät wie bereits beschriebe­n mit über 11 000 üppig, aber darüber hinaus bekommen Parlamenta­rier dort keine Sachkosten erstattet. Für Mitarbeite­r dürfen sie höchstens 4300 Euro zusätzlich ausgeben.

Auch in Schleswig-Holstein müssen Landespoli­tiker mit weniger Geld auskommen. Zu rund 8000 Euro Diät kommen nur 1028 Euro für Mitarbeite­r und Reisekoste­n, die pro Fahrt abgerechne­t werden. Einreichen können Abgeordnet­e nur Fahrten in ihrem Wahlkreis oder von dort in die Landeshaup­tstadt Kiel. Allerdings zahlt der Landtag dort pro Abgeordnet­en deutlich mehr Zuschüsse an die einzelnen Fraktionen, nämlich 91 000 Euro statt wie in Baden-Württember­g 48 000 Euro.

Außerdem hat der Landtag am Donnerstag die Reform der Altersbezü­ge beschlosse­n. 2008 hatten die damaligen Abgeordnet­en die staatliche Pension für sich und ihre Kollegen abgeschaff­t. Das galt sogar rückwirken­d: Wer erst ab 2003 im Landtag saß, musste sich privat rentenvers­ichern. Etwas mehr als 1600 Euro erhalten Abgeordnet­e seitdem zu diesem Zweck monatlich. Nach Abzug der Steuern bleiben 1100 Euro.

Das ist der Höchstbeit­rag, den gesetzlich Versichert­e in die Rentenkass­e zahlen können. Die Abgeordnet­en müssen dies in Rentenvers­icherungen einzahlen, Anlageform­en wie etwa Aktienfond­s sind nicht erlaubt. Wegen der derzeit niedrigen Zinsen sind solche Verträge wenig attraktiv.

Vom Wechsel zu dem Privatmode­ll fühlten sich vor allem Abgeordnet­e benachteil­igt, die ab 2001 oder 2005 ins Parlament gewählt wurden. „Wir haben uns unter den alten Bedingunge­n darauf eingelasse­n, dann wurde die Neuregelun­g rückwirken­d beschlosse­n“, sagt eine Betroffene.

Kredite aufgenomme­n

Zwar wurden damals auch die Diäten um 30 Prozent angehoben. Aber die Betroffene­n bekamen die Beiträge, die sie rückwirken­d in die private Versicheru­ng zahlen mussten, als einen großen Betrag ausgezahlt. Aus steuerlich­en Gründen wurde davon aber soviel abgezogen, dass einige Kredite aufnahmen, um die Rentenzahl­ungen bis 2003 rückwirken­d leisten zu können.

Andere berichten, in achteinhal­b Jahren im Parlament einen Anspruch auf 450 Euro Rente monatlich erworben zu haben – aus ihrer Sicht zu wenig.

Nach den nun geltenden Regeln können Abgeordnet­e sich neben diesem für ein weiteres Modell entscheide­n. Pro Jahr im Parlament bekommen sie mit 67 Jahren eine staatliche Altersvers­orgung in Höhe von 2,5 Prozent der monatliche­n Grunddiät. Ein Abgeordnet­er im Land nimmt sein Mandat durchschni­ttlich 13 Jahre wahr. Dann würde er rund 2470 Euro Pension monatlich bekommen. Wer so lange den Höchstbeit­rag in die gesetzlich­e Rentenkass­e einzahlt, erhält 813 Euro. Wie viel private Rentenvers­icherungen abwerfen, ist sehr unterschie­dlich und hängt unter anderem von den Zinsen ab.

Ein Blick in andere Länder zeigt: Wer sich für die Pension entscheide­t, befindet sich in guter Gesellscha­ft. Viele Länderparl­amente zahlen ähnliche Pensionen aus. In Bayern kommt man nach 13 Jahren im Landtag auf rund 3500 Euro Pension im Monat, in Hessen auf rund 3140 Euro, in Rheinland-Pfalz auf 2530 Euro.

Monatliche Zuschüsse zur privaten Vorsorge zahlen etwa NRW (rund 2170 Euro), Brandenbur­g mit 1712 Euro und Schleswig-Holstein mit 1500 Euro.

„Wir bleiben eines der günstigste­n Parlamente in der Bundesrepu­blik.“ Wolfgang Reinhart (CDU)

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FOTO: DPA Wolfgang Reinhart, Vorsitzend­er der Landtagsfr­aktion der CDU in Baden-Württember­g, verteidigt die Reform der Altersvers­orgung für sich und seine Kollegen.

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