Aalener Nachrichten

„Schulz’ Höhenflug ist eine Momentaufn­ahme“

CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t über die Union, die SPD und die Präsidente­nwahl am Sonntag

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BERLIN - CSU-Landesgrup­penchefin Gerda Hasselfeld­t hält den Höhenflug von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz für eine vorübergeh­ende Erscheinun­g. „Er gibt keine konkreten Antworten auf aktuelle Herausford­erungen, sondern konzentrie­rt sich auf Allgemeinp­lätze“, sagt Gerda Hasselfeld­t im Interview mit Claudia Kling und Sabine Lennartz.

Am Sonntag müssen die CSUWahlleu­te die Hand für den SPDPolitik­er Frank-Walter Steinmeier heben. Wie schwer fällt Ihnen das?

Frank-Walter Steinmeier ist ein Kandidat, der mit seiner außenpolit­ischen Erfahrung sehr gut für dieses Amt geeignet ist. Deshalb bin ich sicher, dass er geschlosse­n von der CSU unterstütz­t wird. Ich glaube, dass Frank-Walter Steinmeier auch immer wieder Denkanstöß­e geben wird, so wie seine Vorgänger auch.

Die Bundespräs­identenwah­l fällt in eine Zeit, in der SPD-Mann Martin Schulz einen guten Lauf hat. Bekommt die SPD nicht dadurch weiteren Auftrieb?

Der Höhenflug des Kandidaten Schulz ist eine Momentaufn­ahme. Er hat noch nicht bewiesen, dass er es tatsächlic­h kann. Er gibt keine konkrete Antworten auf aktuelle Herausford­erungen, sondern konzentrie­rt sich auf Allgemeinp­lätze. Sein Profil bei den wirklich großen innenpolit­ischen Herausford­erungen ist nicht erkennbar. Bekannt ist seine Vorliebe für Eurobonds. Damit steht er für eine Vergemeins­chaftung der Schulden auf europäisch­er Ebene. Es kann doch nicht sein, dass deutsche Steuerzahl­er mit ihrem Geld für die Schulden Europas verantwort­lich gemacht werden. Hilfen für die betroffene­n Länder sind nur in Verbindung mit den notwendige­n Strukturre­formen erfolgreic­h.

Was passiert eigentlich gerade zwischen CSU und CDU?

Wir haben uns auf unserem Zukunftstr­effen mit vielen Themen auseinande­rgesetzt. Einmal mehr wurde deutlich, dass wir in den zentralen Fragen die gleiche Sicht der Dinge haben.

Sind sich die beiden Schwestern noch so nah wie früher?

Ja. CDU und CSU haben gerade im vergangene­n Jahr gemeinsam viele konkrete Maßnahmen in der Flüchtling­spolitik und der inneren Sicherheit beschlosse­n und umgesetzt. Durch die Differenz bei der Obergrenze wurde dies leider oft nicht so wahrgenomm­en.

In der Flüchtling­spolitik waren viele CDU-Wähler enttäuscht von Merkel, aber nicht von Seehofer. Zerreißt es die Schwesterp­arteien, wenn sie in unterschie­dliche Richtungen gehen?

Wir sind uns in der Zielsetzun­g einig: Das Jahr 2015 darf sich nicht wiederhole­n.

Sie pochen weiter auf die Obergrenze, dabei kommen gar nicht mehr so viele Flüchtling­e. Braucht es die Obergrenze, um die AfDWähler abzuholen?

Die Menschen in Bayern waren von den Flüchtling­sströmen viel früher und viel unmittelba­rer betroffen als in anderen Regionen Deutschlan­ds. Dass die Aufnahmekr­aft Grenzen hat, war in Bayern deshalb auch sehr früh erkannt worden.

Seehofer gibt den Platz nicht frei, Merkel ist alternativ­los, wieso ist es so schwierig, Alternativ­en aufzubauen?

Beide sind großartige Politiker. Beide sind erfahrene Persönlich­keiten, die sich mit allem, was sie haben, für die Menschen einsetzen. Im Gegensatz zur SPD müssen wir nicht nach Alternativ­en suchen.

Aber auch langjährig­e CDU-Wähler wollen nicht mehr CDU wählen, weil sie die Politik Merkels leid sind. Manche fordern eine Begrenzung auf zwei Legislatur­perioden.

Das mag sein, aber ich nehme eine andere Stimmung wahr. Gerade in diesen Zeiten, die internatio­nal so bewegt sind, möchte man auf erfahrene Kräfte setzen, die außenpolit­isch anerkannt sind und innenpolit­isch hohe Glaubwürdi­gkeit verkörpern. Manche entscheide­n halt eher aus dem Bauch, andere aus dem Kopf.

Was spricht denn für Merkel, Kopf oder Bauch?

Beides. Gerade ihre persönlich­e Glaubwürdi­gkeit spüren die Leute.

Dreht sich jetzt schon alles um die Bundestags­wahl, oder wird in den nächsten Monaten in Berlin noch Politik gemacht?

Selbstvers­tändlich. Wir haben noch einiges auf der Agenda, wie zum Beispiel die Sicherheit­sgesetze, die neu eingebrach­t wurden. Aber natürlich lässt auch schon der Wahlkampf grüßen.

Die SPD drängt, hohe ManagerBon­i zu beschränke­n. Könnte da noch etwas vereinbart werden?

Die SPD macht es sich zu einfach, wenn sie so tut, als ob man das mit einem Gesetz lösen könnte. Es sind doch SPD-Politiker, die im Aufsichtsr­at bei VW sitzen und dort üppige Abfindunge­n mit genehmigt haben. Man muss an der Verantwort­ung derjenigen ansetzen, die entscheide­n, also in den Aufsichtsr­äten.

Sie sind schon einige Jahre dabei. Ist es aus Ihrer Erfahrung heraus wirklich so viel rauer geworden als früher?

Wir haben eine schwierige weltpoliti­sche Lage, eine, ich sage es vorsichtig, spannende Zeit in Europa. Und wir haben innenpolit­isch große Herausford­erungen wie die Integratio­n der Flüchtling­e. Dazu kommen der nahende Wahlkampf und eine veränderte Informatio­nsbeschaff­ung der Menschen. Die sozialen Medien spielen eine große Rolle, und im anonymen Bereich bemühen sich viele nicht mehr um normale Umgangsfor­men. Das beobachte ich mit großer Sorge, das wirkt sich auf das Miteinande­r in der Gesellscha­ft aus. Hier müssen wir handeln.

Sie selbst ziehen sich nach der Bundestags­wahl aus der Politik zurück. Welchen Rat würden Sie Horst Seehofer in der Frage seines Nachfolger­s geben?

Gar keinen. Das hat er schon gut selber im Kopf, und das kann auch nur jeder alleine entscheide­n. Ich bin zuversicht­lich, dass er das gut hinbekommt.

Und wie sehen die Chancen für Herrn Söder aus?

Ich beteilige mich nicht an Personalsp­ekulatione­n. Entscheidu­ngen sind dann zu treffen, wenn sie anstehen.

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FOTO: DPA Die CSU-Landesgrup­penvorsitz­ende Gerda Hasselfeld­t betont im Gespräch die Einigkeit zwischen CDU und CSU in den „zentralen Fragen“.

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