Fluchtgründe gab es immer schon
Ausstellung von Josef Lehmann und Schülern des Hariolf-Gymnasiums zeigt im Rathaus Ergebnisse einer Foto-AG
ELLWANGEN (sj) - Unter dem Motto „Voneinander – Miteinander – Füreinander“haben 16 Schülerinnen und Schüler der Klassen 6 bis 10 des Hariolf-Gymnasiums (HG) an einer Foto-AG zum Thema Interkulturalität, Migration und Integration teilgenommen. Die Ergebnisse können in einer Ausstellung im Foyer des Rathauses bis zum 3. März besichtigt werden.
Die Foto-AG beschäftigte sich im vergangenen Jahr nicht nur mit dem Thema Fotografie im eigentlichen Sinn. Im Vordergrund des vielschichtigen Kurses im Rahmen des Integrationsprojekts „LEA – Wir helfen anzukommen“standen vielmehr die Bereiche interkulturelle Kompetenz, Migration und Integration sowie die Werte in unserer Gesellschaft. Dabei wurden auch kritische Blicke auf die eigene Kultur und die eigenen Vorurteile geworfen. Ebenso wurden bei zwei Besuchen in der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge (LEA) Gespräche mit Migranten geführt. So sind auch einige Porträtfotos sowie Fotos vom Fest „Ellwangen ist bunt“zu sehen.
Bei der Eröffnung der gelungenen Fotoausstellung im Foyer des Rathauses nannte Oberbürgermeister Karl Hilsenbek die ausgestellten Arbeiten „Kunst und Zeugen“. Die Ausstellung sei in allen Facetten richtig spannend, sagte er. Und der OB lobte dabei die beteiligten Schüler: „Ihr seid auch Zeitzeugen geworden.“Beeindruckt zeigte sich Hilsenbek von den Werten, die bei den Schülern ganz oben stehen: Familie, Freundschaft und Toleranz. Die städtische Integrationsbeauftragte Olga Krasniqi hatte das Projekt angestoßen, das von der Baden-WürttembergStiftung gefördert wurde.
Begleitet hat das Projekt der erfahrene Ellwanger Fotograf Josef (Joschi) Lehmann (Jahrgang 1949), langjähriger Dozent für Fotografie an der Volkshochschule in Ellwangen und Aalen, der viel Herzblut investierte. „Sind wir nicht alle Migranten?“, fragte er bei der Ausstellungseröffnung provokativ. „Menschen sind immer gewandert, das ist nichts Besonderes. Und Fluchtgründe gab es immer schon.“
„Was wäre Amerika ohne Migranten?“
Dabei ging Lehmann, dessen Eltern und Großeltern als Ungarndeutsche 1946 nach Ellwangen kamen, auf die Völkerwanderung ebenso ein wie auf die Auswanderung in den vergangenen zwei Jahrhunderten von Europa nach Amerika. „Was wäre Amerika ohne Migranten? Nicht mal Indianer würde es geben.“Flucht und Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg werden in der Ausstellung ebenso thematisiert wie die Migration von „Gastarbeitern“aus Ländern wie Italien, Griechenland und der Türkei und die Migration der Russlanddeutschen. Und, so Lehmann, zwölf Millionen Syrer seien auf der Flucht. Lehmann, der an der Katholischen Hochschule Freiburg Angewandte Ethik studiert, gibt im Ehrenamt Deutschunterricht in der LEA.
Unterstützt wurde das Projekt von den HG-Lehrern Lisa Heinzelbecker, Franz Egetemeyr und Ulrich Schwarzmaier. Egetemeyr stellte das hohe Engagement und das Durchhaltevermögen von Josef Lehmann heraus: „An dir ist wirklich ein guter Lehrer verloren gegangen.“