Italiens griechischer Maestro
Der revolutionäre Künstler Jannis Kounellis ist tot
ROM (dpa) - Gleich zwei Länder konnten sich mit Jannis Kounellis schmücken, einem der wichtigsten Mitstreiter der „Arte povera“in Italien. Nun starb der griechische Künstler in seiner Wahlheimat im Alter von 80 Jahren – und lässt ein provozierendes, regelbrechendes Werk zurück.
Kounellis machte aus „armen Materialien“reiche Kunst, die nicht selten provozierte, aber stets überraschte. „Ich bin eine griechische Person, aber ein italienischer Künstler“, so beschrieb er sich einmal selbst. Er wurde 1936 in der griechischen Hafenstadt Piräus geboren, zog aber schon mit 20 Jahren gemeinsam mit seiner Frau nach Rom, um an der Accademia di Belle Arti zu studieren. Sein künstlerisches Debüt „L’alfabeto di Kounellis“(übersetzt: „Das Alphabet von Kounellis“) gab er dort 1960: Er präsentierte in Schwarz-Weiß Leinwände mit Buchstaben, Zeichen und Zahlen. Spätere Kunstwerke waren eher Skulpturen als Bilder, wie zum Beispiel in Teer getauchte und auf große Leinwände gedrückte Mäntel.
Die Arbeiten der US-amerikanischen Maler Jackson Pollock und Franz Kline inspirierten ihn wie frühe Abstraktionen des russischen Avantgarde-Künstlers Kasimir Malewitsch und des Niederländers Piet Mondrian. 1972 nahm Kounellis erstmals an der Biennale in Venedig teil – und wurde weltbekannt. In Deutschland stellte Kounellis nicht nur aus, sondern lehrte auch mehrere Jahre an der Kunstakademie in Düsseldorf.
Als Objektkünstler ging Kounellis so weit, lebende Tiere für seine Kunst zu verwenden. Provozierend war Ende der 1960er-Jahre die Aktion, zwölf Pferde in einer Galerie in Rom anzubinden. Aufsehen erregten auch Kounellis Schlachthof-Installationen mit blutigen Rindfleischstücken oder ein Galgen neben dem Münster in Schwäbisch Gmünd, an dem ein mit Möbeln gefüllter Leinensack baumelte.
Ähnlich wie Joseph Beuys, mit dem Kounellis befreundet war, entwarf der Grieche große Installationen für bestimmte Räume. Etwa den „Kohlenhimmel“, für den er 112 Kohlebrocken mit einem Durchmesser von je 20 Zentimetern an die Decke der Recklinghäuser Kunsthalle hängte. Bei einer Ausstellung in Prag arbeitete er mit Gerüchen und streute Kaffee auf Täfelchen.
Kounellis existenzieller Kunstbegriff kann in Zusammenhang mit seiner Biografie gesehen werden. In Griechenland wuchs er während des blutigen Bürgerkriegs zwischen Kommunisten und Nationalisten (1947-1949) auf. Freiheit spielte in seinem Leben eine wichtige Rolle. Ein Satz von Kounellis ist berühmt: „Ich habe nie einen Menschen getötet. Ich bin jedoch bereit einen zu töten, wenn es um die Freiheit geht.“