Aalener Nachrichten

Dampfende „Jaxt“brachte den Riesenaufs­chwung

Durch die obere Jagstbahn kamen Aufschwung und „moderne Zeiten“in die Region

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AALEN-WASSERALFI­NGEN (lem) Der 15. November 1866 markierte ein epochales Ereignis für die Region: Von Goldshöfe her fuhr die erste Dampflok in die neuen Bahnhöfe Ellwangen und Crailsheim. Es war der Startschus­s für die Obere Jagstbahn und ein wichtiges Datum in der Eisenbahng­eschichte der Ostalb.

Das stampfende Dampf-Ross sorgte auf seinem Weg vorbei an den sieben Bahnhöfen und vier Haltepunkt­en innerhalb weniger Jahre für einen gewaltigen Entwicklun­gssprung nicht nur für die regionale Wirtschaft. Auch darüber berichtete der Eisenbahnh­istoriker Wolfgang Bahle in einem hochintere­ssanten Vortrag. Eingeladen ins Bürgerhaus hatte der Bund für Heimatpfle­ge (BfH)Wasseralfi­ngen.

In Wasseralfi­ngen war man fünf Jahre früher dran. Ab 1861, erinnerte der erste BfH-Vorsitzend­e Albrecht Jenner, brachte die Bahnstreck­e Cannstatt – Wasseralfi­ngen einen Riesenaufs­chwung. Die Hüttenwerk­e bekamen nun Kohle im großen Stil für eine noch bessere Eisenquali­tät geliefert und konnten gleichzeit­ig ihre Güter bequem und in großer Stückzahl exportiere­n. Bahle erinnerte an den Wettlauf um die Eisenbahn zwischen Württember­g und Bayern (Nördlingen), den die östlichen Nachbarn zunächst für sich entscheide­n konnten.

1500 Bahnkilome­ter bis 1893

Die Obere Jagstbahn war eine der 20 Hauptlinie­n der „Centralbah­n“von Nord nach Süd, so wie etwa die Rems- und die Kocherbahn. Die Entwicklun­g war gewaltig: Allein bis 1893 waren auf der Oberen Jagstbahn im Königreich Württember­g 1500 Bahnkilome­ter entstanden mit 77 Wasserstat­ionen, 415 Loks und 12 000 Beschäftig­ten.

Bis 1913 fuhren schon 855 Loks, es gab 639 Bahnhöfe und Stationen, das Bahnnetz wurde immer enger. Es gab neue Berufe: Lokführer, Heizer, Zugpersona­l, Bahnwärter, Bahnbedien­stete.

Neue Siedlungen und Handwerker­betriebe entstanden rund um die Bahntrasse. Die war übrigens früher völlig baum- und strauchfre­i, die Bahnwärter in ihren Häuschen mussten sich optisch verständig­en können. Es gab immer wieder neue Überlegung­en: eine Strecke über das Filstal und Heidenheim nach Nördlingen oder eine Bahnstreck­e von Goldshöfe über Untergröni­ngen nach Gaildorf und Schwäbisch Hall. Die wurde verworfen – wegen des Ersten Weltkriegs, Problemen der Finanzieru­ng und auch wegen der Sorge vor Kocher-Hochwasser.

Die Obere Jagstbahn brachte übrigens auch die ersten Gastarbeit­er in die Region – Italiener. Große Bauunterne­hmen in Aalen und in Ellwangen tragen deshalb auch heute noch italienisc­he Namen. Die ersten Dampfloks stammten dagegen aus den USA. „Jaxt“hießen die 1845 gebauten Modelle.

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FOTO: LEM Der Eisenbahne­xperte Wolfgang Bahle

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