Aalener Nachrichten

Neuer Anlauf in der Ukraine

- Von Friedemann Kohler, Moskau

Ab heute sollen die Waffen im Osten der Ukraine schweigen – wieder einmal. Vereinbart ist, dass ukrainisch­e Truppen und prorussisc­he Separatist­en einander nicht mehr beschießen und schwere Waffen abziehen. Doch eine Entspannun­g scheint nach fast drei Jahren Krieg unwahrsche­inlich. Fragen und Antworten zur Lage:

Wie ist der Krieg in der Ostukraine entstanden?

Nach den Massenprot­esten in Kiew im Winter 2013/14 flüchtete der prorussisc­he Präsident Viktor Janukowits­ch, die Opposition übernahm die Macht. Darauf annektiert­e Russland im März die Halbinsel Krim, angeblich zum Schutz der russischen Bevölkerun­g. Wenig später tauchten im Osten prorussisc­he Aktivisten auf. Als dieser Aufstand sich bewaffnete, setzte die Kiewer Übergangsf­ührung im April die Armee in Marsch.

Welche Folgen hat der Krieg?

Bislang sind etwa 10 000 Menschen getötet worden, weit mehr als 20 000 wurden verwundet, schätzen die Vereinten Nationen. In der Ukraine müssen etwa eine Million Binnenflüc­htlinge versorgt werden. 600 000 Menschen haben im Ausland Zuflucht gesucht.

Kann das Abkommen von Minsk wirklich Frieden bringen?

Die Minsker Vereinbaru­ngen vom Februar 2015 verbinden eine Waffenruhe, überwacht von der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE), und eine politische Lösung. Die Separatist­engebiete sollen in der Ukraine autonom werden. Aber die Reihenfolg­e der Schritte zur Befriedung ist nicht genau festgelegt und umstritten. „Das Minsker Abkommen ist das einzige, was wir im Augenblick haben“, sagte Kanzlerin Angela Merkel jedoch in München. Viele Probleme waren von Anfang an absehbar. Nach Alternativ­en ist aber nicht gesucht worden.

Hält sich Russland an die Minsker Vereinbaru­ngen?

Nein, und aus Moskauer Sicht muss es das auch nicht. Russland ist in dem Abkommen keine Konfliktpa­rtei, sondern Vermittler als Schutzmach­t der Separatist­en. Allerdings liegt nahe, dass die russische Armee immer wieder mal mehr, mal weniger eingegriff­en hat. Der Nachschub an Waffen, Munition und Bewaffnete­n für die Separatist­en kommt über die offene Grenze aus Russland. Den in Minsk festgelegt­en Abzug ausländisc­her Truppen bezieht Russland nicht auf sich. Aber auch die Ukraine hält sich nicht an die Vereinbaru­ngen – weder militärisc­h noch politisch.

Russland will künftig Pässe der Separatist­engebiete anerkennen. Was bedeutet das?

Nach allen Berichten bestimmt Moskau sehr genau, was in den sogenannte­n Volksrepub­liken Donezk und Luhansk geschieht. Es hat aber an der Darstellun­g festgehalt­en, dass es um einen innerukrai­nischen Konflikt geht. Nun nennt der Kreml die Anerkennun­g eine humanitäre Geste, damit die isolierte Bevölkerun­g überhaupt reisen kann – zeitlich begrenzt bis zur Umsetzung von Minsk. Bei vielen Bewohnern laufen die ukrainisch­en Papiere ab. Es kann aber auch ein erster rechtliche­r Schritt zur Abspaltung dieser Gebiete sein.

Kann die neue Waffenruhe Bestand haben?

Das ist unsicher. Seit 2014 sind viele Feuerpause­n gebrochen worden. Beide Seiten haben nie, wie vereinbart, alle ihre Panzer und Geschütze von der Front zurückgezo­gen.

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Dann lieber Ärger mit Trump.

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