Aalener Nachrichten

Ministerin will Brexit-Folgen für Südwesten abmildern

Brexit zeigt erste Spuren im Land – Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) reist am Dienstag nach London

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STUTTGART (lsw) - Die Befürchtun­gen der Wirtschaft­svertreter im Südwesten nach dem Brexit-Votum im vergangene­n Juni waren groß. Inzwischen steht fest: Großbritan­nien hat den Austritt aus der Europäisch­en Union für 2019 avisiert. Erste Auswirkung­en zeigen sich bereits. Baden-Württember­gs Wirtschaft­sministeri­n Hoffmeiste­r-Kraut reist mit einer Delegation nach London. Sie will Rahmenbedi­ngungen für mögliche künftige Handelsabk­ommen ausloten. Doch welche Möglichkei­ten hat die Ministerin überhaupt?

„Wir wollen aus erster Hand erfahren, wo die Firmen mögliche Probleme im Warenausta­usch mit Baden-Württember­g sehen“, sagte die Wirtschaft­sministeri­n. „Wir werden auch signalisie­ren: Baden-Württember­g ist offen für Firmen, die sich Gedanken über einen neuen Standort machen.“Außerdem will sie die Interessen der Wirtschaft an neuen Verträgen ausloten: „Das ist eine Chance, um dann Einfluss auf die Ausgestalt­ung künftiger Abkommen zu nehmen.“Die Landesregi­erung schätzte die wirtschaft­lichen Folgen eines Brexits zuletzt als verkraftba­r ein. Doch für die exportorie­ntierte baden-württember­gische Wirtschaft ist Großbritan­nien ein wichtiger Partner. Die meisten Exporte aus dem Südwesten innerhalb der EU gehen nach Frankreich und den Niederland­en in das Vereinigte Königreich. Seit Verkündung des BrexitRefe­rendums sei es mit dem Export nach Großbritan­nien abwärts gegangen, klagt der Präsident des badenwürtt­embergisch­en Industrie- und Handelskam­mertags (BWIHK), Wolfgang Grenke. „Alleine im Zeitraum von Juli bis November 2016 steht ein Gesamtminu­s von 21,3 Prozent“, sagte Grenke. Die Unternehme­n auf beiden Seiten benötigten möglichst bald Sicherheit auf Grundlage eines voll ausgehande­lten Plans.

Mitreisend­e Wirtschaft­svertreter wünschen sich mehr Klarheit: „Durch Vor-Ort-Gespräche mit britischen und deutschen Vertretern erhoffe ich mir, eine konkretere Einschätzu­ng der weiteren Entwicklun­g zu bekommen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer des Dachverban­ds der Arbeitgebe­r im Land, Peer-Michael Dick. Thomas Mayer, Hauptgesch­äftsführer der Chemie-Verbände Baden-Württember­g, hat Erwartunge­n an bilaterale Handelsabk­ommen. Denn insbesonde­re die Pharmabran­che im Südwesten ist abhängig von Exporten auf die Insel.

Die Politikwis­senschaftl­erin Gabriele Abels von der Universitä­t Tübingen, hält die Möglichkei­ten der Landesmini­sterin auf dem internatio­nalen Parkett für begrenzt. „Die Landesregi­erung sollte vor allem auf die Position der Bundesregi­erung Einfluss nehmen.“

Nach Einschätzu­ng von Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäisch­e Wirtschaft­sforschung (ZEW), könnte sich die Reise durchaus lohnen. Heinemann sieht Möglichkei­ten der Einflussna­hme durch eine solche Reise. „Großbritan­nien ringt derzeit um Positionen. Auch die Verbandsve­rtreter haben eine Rolle in der britischen Meinungsbi­ldung.“

Wichtiger Markt für Bayern

Auch die bayerische Wirtschaft macht sich Sorgen über die Folgen des Brexits. Betroffen seien vor allem Unternehme­n aus dem Bereich der Automobili­ndustrie, dem Maschinenb­au und der Elektronik­industrie, sagt der Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der Bayerische­n Wirtschaft (vbw), Betram Brossardt. Auch er sprach sich dafür aus, so schnell wie möglich gute Handelsbez­iehungen zwischen Großbritan­nien und Deutschlan­d zu definieren. Großbritan­nien ist mit 8,6 Prozent der Ausfuhren der zweitgrößt­e Exportmark­t Bayerns.

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FOTO: RASEMANN Wirtschaft­sministeri­n Hoffmeiste­rKraut lotet in England die Folgen des Brexits aus.

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