Reh und Ringer rennen zur EM
Schwabens Läufer glänzen bei der Hallen-DM – DLV-Präsident Prokop tritt im Herbst ab
LEIPZIG (SID/dpa/sz) - Die Europameister David Storl und Max Heß unterstrichen ihre Medaillen-Ambitionen, die Hürdensprinterinnen sind schon in Goldform – und Weltmeisterin Christina Schwanitz verabschiedete sich als deutsche Meisterin in ihre Babypause: Zwei Wochen vor der Hallen-EM in Belgrad haben die Leichtathleten bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig mit einer Reihe Topleistungen durchweg überzeugt und Hoffnungen auf ein erfolgreiches Abschneiden beim Höhepunkt der Hallensaison gemacht.
Auch wenn Kugelstoß-Ass Christina Schwanitz dort fehlen wird: Die 31Jährige vom LV Erzgebirge beendet wegen ihrer Schwangerschaft die Saison. Damit werden in Serbien etwa 30 bis 35 Deutsche starten. Am Mittwoch will der Deutsche Leichtathletik-Verband das Aufgebot nominieren.
Angeführt wird es von KugelstoßEuropameister David Storl. Wenige Tage nach der Geburt seines Sohnes dominierte der zweimalige Weltmeister wie gewohnt die Konkurrenz und wurde bei seinem Heimspiel gefeiert. Auch wenn der Weltjahresbeste mit 20,98 Meter unter der 21-Meter-Marke blieb. „Bis zur EM wird jetzt noch ein bisschen trainiert, und dann sehen wir mal, was in Belgrad möglich ist“, sagte er: „Von der Form her ist es ganz gut, technisch aber noch nicht so, wie ich es mir vorstelle.“
Für das sportliche Highlight sorgten die starken Hürdensprinterinnen Cindy Roleder, die nach Halle gewechselt ist, sowie Pamela Dutkiewicz aus Wattenscheid. Die entthronte dabei Europameisterin und VizeWeltmeisterin Roleder in einer Weltklassezeit von 7,79 Sekunden – die beste Zeit einer Deutschen seit der Wiedervereinigung und die viertbeste überhaupt. Roleder wurde in persönlicher Bestzeit von 7,84 Zweite.
„Von so etwas habe ich geträumt. Die Zeit habe ich noch gar nicht realisiert. Das ist völlig verrückt“, sagte Dutkiewicz. Roleder meinte: „Die Zeiten von Pamela und mir sind extrem schnell, wir führen damit die europäische Jahresbestenliste an. Für mich steht die EM im Fokus, da will ich topfit sein und eine Medaille gewinnen.“
Gewohnt stark präsentierte sich auch die junge Garde der deutschen Sprinterinnen. Allen voran Rebekka Haase. Die Athletin vom LV Erzgebirge lief als Siegerin über 200 Meter in 22,77 Sekunden auf Platz sechs der ewigen deutschen Bestenliste. In Belgrad sind die 200 Meter zwar nicht im Programm, doch auch über 60 Meter ist mit Haase zu rechnen. Dort wurde sie am Samstag hinter Gina Lückenkemper aus Dortmund Zweite.
Eine Medaille in Belgrad hat VizeWeltmeister Raphael Holzdeppe im Visier. Mit übersprungenen 5,68 Metern gewann der Stabhochspringer aus Zweibrücken erstmals den deutschen Hallen-Titel. Auch ohne die Norm von 5,78 Meter wird er voraussichtlich in Belgrad starten dürfen.
Dreisprung-Europameister Max Heß aus Chemnitz holte sich mit 16,71 Metern wie im Vorjahr den Titel. Auch in ungewohnter Rolle, denn der 20 Jahre alte Shooting-Star und Hallen-WM-Zweite des Vorjahrs war nach seinem internationalen Durchbruch 2016 das Gesicht der Titelkämpfe. Stark präsentierte sich auch die 20 Jahre junge Langstreckenhoffnung Konstanze Klosterhalfen, die über 1500 Meter in 4:04,91 Minuten die zweitbeste Zeit einer deutschen Läuferin in der Halle erreichte und Nummer zwei des Jahres in Europa ist.
Auch die Zwei Langstrecken-Asse aus dem Schwabenland glänzten: Richard Ringer aus Friedrichshafen, der EM-Dritte über 5000 Meter, siegte über 3000 Meter in 7:59,68 Minuten vor dem Regensburger Florian Orth (8:01,10) und Timo Benitz (Nordschwarzwald/8:01,31).
Die 19-jährige Alina Reh brillierte auf der gleichen Strecke. Die Laichingerin unterbot in 8:53,56 Minuten ihre Bestzeit um gleich sieben Sekunden und ließ Hindernis-Europameisterin Gesa Felicitas Krause aus Trier nicht den Hauch einer Chance. Damit wird der SSV Ulm 1846 in Belgrad mit Mehrkämpfer Mathias Brugger und Reh gleich zwei Teilnehmer stellen.
Kessing soll Präsident werden
In ihrem ersten Hallenlauf als Aktive traf Reh gleich auf die stärkste Europäerin – allerdings über die Hindernisse – und schlug sie deutlich. Europameisterin Gesa Felicitas Krause aus Trier hatte sich kurzfristig zu einem Start über die 3000 Meter flach entschieden und wurde in EM-Norm von 8:56,13 Minuten Zweite. Gegen Reh aber hatte sie keine Chance. Die diktierte von vorneweg das Tempo.
Derweil verliert die deutsche Leichtathletik ihren langjährigen Präsidenten und der deutsche Sport einen seiner profiliertesten Kritiker: Nach 16 Jahren an der Spitze des DLV zieht sich Clemens Prokop im Herbst zurück. Von der Bühne wird der 59Jährige aber nicht verschwinden. Als Chef-Organisator der EM in Berlin 2018 bleibt der Jurist und Vorreiter im Anti-Doping-Kampf im Amt. „Ich glaube, dass ich mich auch weiter zu Fragen der nationalen und internationalen Sportpolitik äußern werde“, sagte Prokop: „Alle die, die hofften, mich los zu sein, haben sich zu früh gefreut.“Nachfolger soll Jürgen Kessing werden. Der Oberbürgermeister von Bietigheim-Bissingen wurde von einer Findungskomission des DLVVerbandsrates vorgeschlagen. Es sind aber auch weitere Kandidaturen beim Verbandstag in Darmstadt (18./19. November) möglich.