Späte Gerechtigkeit
Freiburg freut sich, dass sich beim HSV der falsche Elfmeterschütze selbst auswählt
FREIBURG (dpa/SID/sz) - Hätte der SC Freiburg beim Hamburger SV am Samstagabend gewonnen und nicht 2:2 (1:1) gespielt, es wäre aufgrund der Vielzahl von Chancen und der überlegenen Spielanlage nicht unverdient gewesen. Allerdings hätten die Badener auch gut und gerne verlieren können, hätte Hamburgs Aaron Hunt in der 88. Minute seinen Elfmeter verwandelt. Der 1:0-Schütze (15.) scheiterte allerdings am stark parierenden Gästetorhüter Alexander Schwolow, und Trainer Christian Streich war besänftigt. „Das ist einfach sehr gut und gerecht, dass der Schwolow den Elfmeter kurz vor Schluss gehalten hat.“
Streich hatte den für ein Foul von Marc Torrejon an Hunt gepfiffenen Strafstoß als äußerst unfair empfunden. Hunt war nach längerer Debatte mit seinem Kollegen Michael Gregoritsch, der das 2:1 geschossen hatte (57.), selbst zum Elfmeter angetreten, und das sollte sich wie so oft rächen.
Vincenzo Grifo (72.) und Maximilian Philipp (23.) hatten in der umkämpften Partie jeweils den Ausgleich für die Breisgauer geschossen. „Es war ein eigenartiges Spiel, aber letztlich sind wir mit dem Punkt zufrieden“, sagte Streich. Zumal es der 30. war für die Freiburger, noch fünf, und der Klassenerhalt sollte sicher sein. Lediglich vier Zähler trennen den Liganeunten von einem Europa- LeaguePlatz, es darf also geträumt werden an der Dreisam. „Ich träume nicht von solchen Sachen, ich träume von was anderem“, sagte Streich danach, allerdings werde er seine Spieler nicht von großen Zielen abhalten. Streich lobte sein Team, das in den den letzten 18 Monaten eine enorme Entwicklung genommen habe, auch, weil die Spieler eine große Sozialkompetenz hätten. Das bedeutet: Man hilft sich, motiviert sich und baut sich gegenseitig auf, Stammspieler die Reservisten und umgekehrt. Es geht menschlich zu in Freiburg.
Vor allem Nils Petersen, der beide Tore vorbereitete, nannte Streich in diesem Kontext. „Man sieht an den Reaktionen der Fans, auch hier beim HSV, welchen Respekt die Liga mittlerweile vor uns hat“, sagte der Torjäger, der selbst erstaunt war von seinen Zubringerleistungen. „Ein ungewohntes Bild für mich. Ich glaube, dass ich ja sonst eher der Vollstrecker bin.“
Hamburgs Hunt, der vor dem Elfmeter mit Michael Gregoritsch lange über die Ausführung debattiert hatte, entschuldigte sich immer wieder für seinen Fehlschuss. „Das war sicher mein schlechtester Elfmeter, den ich in der Liga geschossen habe“, sagte der Pechvogel. Die vergebene Chance auf Big Points im Kampf um den Klassenerhalt schmerzte. Der drohende Ausfall von Hoffnungsträger Kyriakos Papadopoulos bereitete HSV-Trainer Markus Gisdol zusätzliche Sorgen. Am Sonntag gab Gisdol teilweise Entwarnung. „Es sieht so aus, als wenn es nicht so gravierend wäre“, sagte der 47-Jährige: „Vielleicht kriegen wir es in ein paar Tagen wieder hin.“Der so stark aufspielende Winterzugang Papadopoulos wurde früh mit einer Schulterverletzung ausgewechselt.
Gisdol nannte die Elfmeterszene „ärgerlich, aber wir machen Aaron keinen Vorwurf“. Der Trainer hatte sich bei der spielentscheidenden Szene abgewendet: „Ich kann da nicht hingucken.“Künftig will Gisdol die Schützen klar vorgeben, um Diskussionen auf dem Platz zu vermeiden. Der verhinderte Schütze Gregoritsch gab Hunt Rückendeckung und sprach von „Pech“, auch wenn er „natürlich gern“selbst geschossen hätte.
Hamburg bleibt demütig
Statt sich auf drei Punkte vom Relegationsplatz 16 abzusetzen, bleibt der Vorsprung der Hamburger auf die Gefahrenzone hauchdünn. Sportchef Jens Todt sah trotzdem das Positive im Remis: „Es ist für mich ein Punktgewinn, Freiburg war dem Führungstor nah.“Das Spiel der Hamburger litt unter den kurzfristigen Ausfällen von Bobby Wood – Gisdols nominellem Elfmeterschützen – und von Topvorbereiter Nicolai Müller (beide muskuläre Probleme).
Dass die Hanseaten trotz der Rückschläge bis zum Schluss auf drei Punkte spielten, unterstreicht ihre Entwicklung als Team, die sich der HSVTrainer auf die Fahne schreiben darf. Als Belohnung winkt Gidsol eine Verlängerung des im Sommer auslaufenden Vertrags. Doch der Trainer lässt sich nicht drängen. „Wir sind nach wie vor in einer extrem prekären Situation. Da kann nicht mein Vertrag das Thema Nummer eins sein“, sagte er: „Die Konzentration liegt absolut bei der Mannschaft.“Und die spielt am kommenden Samstag bei Bayern München, im Gegensatz zum HSV ein Spezialist für späte Gegentore. Oberliga Baden-Württembg. (21. Spieltag) 1. Göppinger SV – FV Ravensburg 1:1 (0:1) Tore: 0:1 Widmann (35.), 1:1 Botta (90.+3). – Zuschauer: 350.