Aalener Nachrichten

Ecuador wählt die Fortsetzun­g der „Bürger-Revolution“

- Klaus Ehringfeld, Mexiko-Stadt

Der Abwärtstre­nd der Linken in Lateinamer­ika ist in Ecuador fürs Erste gestoppt worden. Bei der Wahl um die Nachfolge von Staatschef Rafael Correa, der nach zehn Jahren an der Macht nicht mehr angetreten war, verpasste sein Kandidat Lenín Moreno nur knapp den Sieg bereits in der ersten Runde.

Für den 63-jährigen Moreno von der Linkskoali­tion Alianza País stimmten nach Auszählung von 88 Prozent der Stimmen 39,10 Prozent der Wähler. Auf den zweiten Platz kam der Rechtskand­idat und Ex-Banker Guillermo Lasso. Er erzielte 28,3 Prozent der Stimmen. Beide machen nun am 2. April in einer Stichwahl das Amt des Staatschef­s des kleinen südamerika­nischen Staates unter sich aus. Für einen Triumph in der ersten Runde hätte Moreno 40 Prozent erzielen und Lasso mit zehn Prozentpun­kten hinter sich lassen müssen.

Am Ende könnte der zweitplatz­ierte Lasso dennoch als Sieger aus dem Rennen hervorgehe­n. Die Drittplatz­ierte und ebenfalls konservati­ve Kandidatin, Cynthia Viteri (SozialChri­stliche Partei PSC), kam auf rund 16 Prozent und sicherte Lasso für die Stichwahl Unterstütz­ung zu.

Vor der Präsidente­nwahl wiesen die Umfrageins­titute darauf hin, dass die Ecuadorian­er nach einem Jahrzehnt Correa einen Wechsel wollten, galt doch das linke, nationalis­tische und leicht populistis­che Modell des amtierende­n Präsidente­n und seiner Alianza País als obsolet. Moreno verkörpert den Wechsel am wenigsten von allen acht Kandidaten. Er hat im Wahlkampf versproche­n, das Konzept eines starken Staates weiterzufü­hren.

Wohlstand im Land gestiegen

Nach Jahren des Wachstums um die vier Prozent vor allem durch die Ölausbeutu­ng ist Ecuador in eine Wirtschaft­skrise gerutscht. „Das Öl macht die Hälfte aller Exporte des Landes aus, ein Drittel der Staatseinn­ahmen stammen aus dem Verkauf des Rohstoffs, und er trägt 13 Prozent zum Bruttoinla­ndsprodukt bei“, sagte der ehemalige Energiemin­ister Alberto Acosta. Aber in den vergangene­n zwei Jahren sind diese Einnahmen wegen der fallenden Weltmarktp­reise um 40 Prozent zurückgega­ngen. 2016 schrumpfte das Bruttoinla­ndprodukt laut Zentralban­k um 1,7 Prozent. Während Correas Amtszeit wurden die Sozialausg­aben verdoppelt, der Mindestloh­n deutlich angehoben, insgesamt stieg der Wohlstand im Land, wobei vor allem die armen Schichten ihre Situation verbessern konnten. 42 Prozent der Ecuadorian­er bescheinig­en Correa einen guten Job. Davon profitiert auch Moreno, der als enger Vertrauter von Correa gilt. Moreno diente Correa von 2007 bis 2013 als Vizepräsid­ent. Die Ecuadorian­er hätten für die Fortsetzun­g der „Bürgerrevo­lution" gestimmt, sagte der seit einem Raubüberfa­ll vor 18 Jahren querschnit­tgelähmte Linkskandi­dat: „Lasst uns den Prozess fortführen.“

In London dürfte auch Julian Assange dem Linkskandi­daten Moreno die Daumen drücken. Denn Kontrahent Lasso will das Asyl für den Wikileaks-Gründer in der ecuadorian­ischen Botschaft in England beenden.

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