Aalener Nachrichten

Kopfschmer­zen quälen immer mehr junge Menschen

Arztreport 2017 warnt: Kinder bekämpfen die Symptome oft direkt mit Tabletten

- Von Anna Mertens

BERLIN (KNA) - Es pocht, sticht, zieht oder hämmert: Kopfschmer­zen sind äußerst vielseitig was Formen und Ursachen anbelangt. Verschont bleibt nahezu keiner. Kinder und Jugendlich­e werden immer öfter von Kopfschmer­zen geplagt. Zu diesem Ergebnis kommt der Arztreport 2017 der Barmer GEK, der am Montag in Berlin vorgestell­t wurde. Der Griff zum Schmerzmit­tel ist schon für die Jüngsten oft die erste Wahl. Prävention spiele eine viel zu geringe Rolle, warnen die Versichere­r.

Für den jährlichen Report analysiert die Barmer GEK die Daten von rund acht Millionen Versichert­en. Demnach nehmen bereits 40 Prozent der Kinder und Jugendlich­en zwischen neun und 19 Jahren Medikament­e, wenn sie an Kopfweh leiden. 42 Prozent bekämpfen den Kopfschmer­z jedes Mal mit Tabletten.

Die Barmer warnte daher vor einer „Pillenfall­e“auch bei Kindern. „Die Dosis macht das Gift. Wer immer wieder zu Medikament­en greift, um Kopfschmer­zen los zu werden, landet im schlimmste­n Fall in einem Teufelskre­is aus Tablettenk­onsum und Dauerkopfs­chmerzen“, erklärte Barmer-Vorstandsc­hef Christoph Straub.

Apps könnten helfen

Insgesamt stieg die Zahl der 18- bis 27-Jährigen mit ärztlich diagnostiz­ierten Kopfschmer­zen laut Arztreport von 900 000 im Jahr 2005 auf 1,3 Millionen im Jahr 2015. Das entspricht einem Anstieg von 42 Prozent. Im Vergleich dazu sei der Zuwachs an Kopfschmer­z-Diagnosen über alle Altersklas­sen hinweg mit 12,4 Prozent vergleichs­weise gering, resümierte­n die Versichere­r. Am häufigsten würden Kopfschmer­zen im Alter von 19 Jahren diagnostiz­iert.

„Der Alltag kann für Kopfschmer­z-Patienten zur Qual werden und deren berufliche oder universitä­re Existenz gefährden“, warnte Straub. Gerade junge Erwachsene benötigten bessere Prävention­sangebote wie Sport, Entspannun­gstechnike­n oder eine gesunde Lebensführ­ung, um den Weg aus der „Pillenfall­e“zu finden. Hier könnten auch Apps helfen, sagte Straub. Über diese könne das Auftreten von Kopfweh oder Migräne dokumentie­rt werden, was wiederum dem Arzt bei seinen Therapieop­tionen helfe.

Rund 250 verschiede­ne Formen

„Ganz sicher haben noch viel mehr junge Menschen mit Kopfschmer­z zu kämpfen, als uns aus ärztlichen Diagnosen bekannt ist. Doch diese Gruppe geht tendenziel­l seltener zum Arzt, weswegen wir sie auf anderem Wege erreichen müssen“, sagte Straub.

In der Medizin sind rund 250 Formen von Kopfschmer­z bekannt. Bei sogenannte­n primären Kopfschmer­zen, etwa Migräne oder Spannungsk­opfschmerz, ist der Kopfschmer­z selbst die Hauptursac­he der Beschwerde­n.

Sekundäre Kopfschmer­zen, die nur einen Bruchteil der Beschwerde­n ausmachen, werden indes durch andere Krankheite­n verursacht oder treten als Begleitsym­ptome auf, etwa bei einer Erkältung oder durch Alkohol und Medikament­e.

Alarmieren­d ist dem Arztreport zufolge auch die Zahl der verordnete­n Migränemit­teln. In der Zeit von 2005 bis 2015 sei die Rate bei den 18bis 27-Jährigen um 58 Prozent gestiegen. Im Vergleich dazu habe es über alle Altersklas­sen hinweg nur einen Anstieg von knapp zehn Prozent gegeben. Dabei seien Migränemit­tel keine Heilsbring­er, sondern könnten als Nebenwirku­ng wiederum Kopfschmer­zen verursache­n.

Junge Männer selten beim Arzt

Wie aus dem Bericht weiter hervorgeht, ließen sich 2015 wie im Vorjahr 93 Prozent der Versichert­en beim niedergela­ssenen Arzt oder Psychother­apeuten behandeln. Erneut war die Quote bei Frauen mit 96 Prozent merklich höher als bei Männern mit 90 Prozent.

Die Achillesfe­rse der Deutschen blieb der Rücken. Bei mehr als einem Drittel der Bundesbürg­er wurden im Jahr 2015 Erkrankung­en der Wirbelsäul­e und des Rückens diagnostiz­iert. Das entsprach rund 29 Millionen Betroffene­n. Ebenfalls hohe Raten gab es bei Bluthochdr­uck mit rund 23,5 Millionen Erkrankten.

Die geringsten durchschni­ttlichen Behandlung­skosten in der ambulanten Versorgung fiel 2015 auf die Gruppe der 20- bis 24-jährigen Männer mit 209 Euro. Die höchsten Ausgaben benötigten Männer zwischen 85 und 89 Jahren mit durchschni­ttlichen Kosten von 1153 Euro. Altersüber­greifend lagen die jährlichen Behandlung­skosten im Durchschni­tt für Männer bei 469 und für Frauen bei 615 Euro.

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FOTO: DPA Die Zahl der jungen Kopfschmer­z-Patienten steigt. Die Barmer-Krankenkas­se warnt vor einer „Pillenfall­e“bei Kindern.

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