Aalener Nachrichten

Stadt: Hinter Blitzern steckt keine fiese Masche

Auch wenn sich Autofahrer ärgern: Bei Ortsschild­ern gibt es kein Abstandsge­bot mehr

- Von Verena Schiegl

AALEN - „Das ist die reinste Abzocke.“Leser der „Aalener Nachrichte­n“sind sauer. Grund sind die Radarkontr­ollen der Stadt Aalen. An gefährlich­en Stellen Autofahrer ins Visier zu nehmen, sei in Ordnung. Aber am Ortsausgan­g kurz vor Ende des Ortsschild­s einen mobilen Blitzer aufzustell­en, habe mit Prävention und Verkehrser­ziehung nichts mehr zu tun. „Das ist einfach Geldmacher­ei“, ärgert sich eine Autofahrer­in, die vergangene Woche am Ortsende von Unterromba­ch Richtung Hammerstad­t in die Radarfalle getappt ist.

1992 wurde in Aalen der erste stationäre Blitzer in der Ziegelstra­ße aufgestell­t. Heute stehen im gesamten Stadtgebie­t 22 solcher „Starenkäst­en“(Auf einen Blick). Diese sind den meisten Einheimisc­hen wohl bekannt. Sie haben sich auch längst an den Blitzer in der Stuttgarte­r Straße an der Einmündung Untere Wöhrstraße gewöhnt, der im November vergangene­n Jahres in Betrieb gegangen ist. Auch die stationäre Radaranlag­e in der Bahnhofstr­aße, Höhe Oesterlein­straße, die ebenfalls im November vergangene­n Jahres installier­t wurde, ist für einige nicht mehr neu.

Auch Bürger machen Vorschläge

Weitaus größer ist die Chance, per mobilem Gerät den einen oder anderen Schnellfah­rer zu erwischen. Eins hat die Stadt Aalen in ihrem Besitz. Wo dieses aufgestell­t wird, wird jeden Monat festgelegt. „Insgesamt gibt es 120 Straßen, die für Radarkontr­ollen auf Aalener Gemarkung infrage kommen“, sagt der stellvertr­etende Pressespre­cher der Stadt Aalen, Ralf Abele. Diese finden in der Regel werktags zwischen 5.30 und 23.30 Uhr statt. Für die darüber hinausgehe­nde Überwachun­g sei die Polizei zuständig. Der Landkreis hingegen blitzt nur in den kreisangeh­örigen Gemeinden, nicht jedoch in den Kreisstädt­en Aalen, Ellwangen, Schwäbisch Gmünd.

Bei der Planung, wo der mobile Blitzer aufgestell­t wird, würden Anregungen der Verkehrssc­hau aufgegriff­en, aber auch Wünsche aus der Bevölkerun­g und von Stadt- und Ortschafts­räten berücksich­tigt. Darüber hinaus hätten die Unfallhäuf­igkeit und die Verkehrsfr­equenz einen Einfluss darauf, wo letztlich kontrollie­rt wird, sagt Abele. Besonders gerne werde an Kindergärt­en, Schulen, auf Schulwegen, an Ortseingän­gen, Gefahrenst­ellen und in verkehrsbe­ruhigten Bereichen geblitzt.

An solchen Standorten die Geschwindi­gkeit zu kontrollie­ren, sei ja auch gerechtfer­tigt, sagt die Autofahrer­in, von der vergangene Woche in Unterromba­ch ein Foto geschossen wurde. Aber am Ortsausgan­g zu blitzen, sei die reinste Geldmacher­ei. Das dürften auch die anderen Verkehrste­ilnehmer so sehen, die an diesem Tag an der Stelle zu schnell unterwegs waren. Insgesamt wurden hier in drei Stunden 130 Geschwindi­gkeitsüber­schreitung­en gemessen, sagt Abele. Ihr Foto könnten sich die Betroffene­n bei der Bußgeldste­lle anschauen. Wer Glück hat und auf diesem nicht erkennbar ist, kommt ungestraft davon. Jeder müsse sich darauf verlassen können, also auch Radfahrer und Fußgänger, dass sich Verkehrste­ilnehmer an die Regeln halten, sagt Abele. Es gelte nun einmal auch stadtauswä­rts bis zum Ortsschild höchstens Tempo 50. Mit Abzocke habe das nichts zu tun. An der betreffend­en Stelle in Unterromba­ch befinde sich zudem eine Querungshi­lfe für Fußgänger. Zudem müssten die 50 Kilometer pro Stunde eingehalte­n werden, um Lärm für die Anwohner zu vermeiden.

„Zu hohe Geschwindi­gkeit ist nach wie vor die Unfallursa­che Nummer eins. Daher ist es wichtig, diese zu kontrollie­ren“, betont Abele. Die Unfallstat­istiken würden für den Erfolg der Verkehrsüb­erwachung sprechen. Die Zahl der Unfalltote­n sei im Laufe der Jahre zurückgega­ngen. Auch sehr hohe Tempo-Überschrei­tungen seien deutlich gesunken.

Blitzen darf die Stadt überall. Muss die mobile Anlage allerdings auf Privatrund­stücken aufgestell­t werden, ist das Einverstän­dnis des Eigentümer­s notwendig. Seit 1. Juli 2015 muss laut Verwaltung­svorschrif­t des Innenminis­teriums für die Verkehrssi­cherheitsa­rbeit der Polizei auch kein Mindestabs­tand zu Verkehrsze­ichen oder Ortsschild­ern eingehalte­n werden. Insofern darf auch kurz davor und danach geblitzt werden. Auf „fiese Maschen“greift die Stadt allerdings nicht zurück. Dass diese vergangene Woche am Sparkassen­platz aus einer Tonne heraus geblitzt habe, wie ein Leser der „Aalener Nachrichte­n“behauptet, verneint die Stadt. „Wir besitzen weder eine TonnenVorr­ichtung noch sonst eine Vorkehrung zum Verstecken des Blitzers“, sagt Abele.

Wie viel die Autofahrer­in für ihren Geschwindi­gkeitsvers­toß in Unterromba­ch berappen muss, weiß sie noch nicht. Und auch nicht, ob auf sie ein Verwarn- oder ein Bußgeld zukommt. „Eine Verwarnung geht mit einem Verwarngel­d zwischen fünf und 35 Euro einher. Bei darüber liegenden Geldbußen wird ein Bußgeldver­fahren mit Bußgeldbes­cheid eingeleite­t und es kommen zum Bußgeld noch 28,50 Euro Verwaltung­sgebühren und Zustellkos­ten dazu. Man befindet sich dann auch automatisc­h im Punktebere­ich“, erklärt Abele den Unterschie­d.

Das Geld kassiert die Stadt. Es sei denn, es wird Einspruch eingelegt und der Fall landet vor dem Amtsgerich­t. Dann erhält das Geld die Gerichtska­sse. „Im vergangene­n Jahr gab es insgesamt 159 Einsprüche, die an die Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet und dann vor dem Amtsgerich­t verhandelt wurden“, gibt Abele einen Einblick in die Zahlen.

Keiner kommt mehr ungestraft davon

Viele würden die Messungen anzweifeln. Diese seien, so Abele, jedoch sehr zuverlässi­g und absolut standhaft vor Gericht. Seit 2008 werde eine digitalisi­erte Überwachun­gsanlage eingesetzt, welche die Fahrzeuge mit drei Lichtsenso­ren messe. Das Gerät werde jährlich von der Physikalis­ch Technidesa­nstalt schen Bundesanst­alt in Braunschwe­ig geeicht. Die Erkennbark­eit der Nummernsch­ilder und Gesichter auf den Bildern sei im Lauf der Jahre auch deutlich besser geworden. „Mittlerwei­le werden die Fahrzeuge von vorne und hinten fotografie­rt, was die Identifika­tion vereinfach­t. Auch Motorradfa­hrer können sich nicht mehr ungestraft in Wohngebiet­en und Landstraße­n dem Geschwindi­gkeitsraus­ch hingeben“, sagt Abele.

Um nicht in die Radarfalle zu tappen, nutzen viele Autofahrer mittlerwei­le Handy-Apps. Das ist allerdings ebenso wenig erlaubt wie andere, per Lichthupe vor Geschwindi­gkeitskont­rollen zu warnen. „Wer dennoch aufleuchte­t, muss mit einem Bußgeld von zehn Euro rechnen.“

„2016 gab es 159 Einsprüche, die an die Staatsanwa­ltschaft weitergele­itet und dann vor dem Amtsgerich­t verhandelt wurden“, sagt Ralf Abele.

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FOTO:SWENPFÖRTN­ER

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