Aalener Nachrichten

Verspielte­s Vertrauen

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Der Grundsatz stammt aus dem römischen Recht und ist 2000 Jahre alt: Pacta sunt servanda. Auf Deutsch: Verträge sind einzuhalte­n. Die Bausparkas­sen haben sich nicht daran gehalten. Dabei spielt es keine Rolle, ob ihnen das Bürgerlich­e Gesetzbuch nach Paragraf 489 ein Sonderkünd­igungsrech­t zugesteht. Entscheide­nd ist alleine das, was Bausparer und Bausparkas­se miteinande­r vereinbart haben – sprich, was in den von beiden Seiten unterzeich­neten Bausparver­trägen steht.

In den meisten Altverträg­en, um die es in dem seit Langem schwelende­n Streit geht, gibt es keine Klauseln zu einem Sonderkünd­igungsrech­t durch die Bausparkas­se. Auf dem Papier, das die Bedingunge­n des Pakts zwischen den beiden Vertragspa­rtnern festhält, hat der Kunde also sehr wohl das Recht, den Vertrag als Sparanlage zeitlich unbefriste­t zu nutzen.

Die Kassen haben die fraglichen Verträge über viele Jahre sogar als reine Sparanlage verkauft. Sie haben damit geworben, dass man Zinsen und staatliche Förderung kassieren könne, das Darlehen aber nicht abrufen brauche. Für die Anbieter war das attraktiv: Die von den Bausparkas­sen zu zahlenden Guthabenzi­nsen waren niedrig – und wenn der Kunde das günstige Darlehen dann am Ende nicht in Anspruch nahm, sparten Schwäbisch Hall, LBS und Co quasi doppelt.

Betrachtet man den Kampf der Kassen um die Sonderkünd­igung der Altverträg­e vor diesem Hintergrun­d, wird klar, worum es eigentlich geht: Es geht um die einseitige Kündigung eines von zwei Seiten geschlosse­nen Vertrages, weil sich die Bedingunge­n für eine Seite verschlech­tert haben. In Zeiten der niedrigen Zinsen von EZB-Chef Mario Draghi funktionie­rt der Bausparver­trag für die Kassen nämlich nicht mehr so wie früher: Die Darlehensz­insen sind sowieso niedrig, die in den Altverträg­en festgeschr­iebenen Zinsen für Anleger aber plötzlich sehr attraktiv.

Die Konsequenz der Bausparkas­sen: Sie trennen sich von ihren Kunden, weil diese unprofitab­el werden. Dabei verspielen sie das, was Finanzinst­itute in Zeiten wie diesen am allermeist­en brauchen: Vertrauen.

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