Aalener Nachrichten

Ab 2018 dürfen ältere Diesel nicht mehr nach Stuttgart

Stickoxid-Werte vielerorts zu hoch – Landesregi­erung will Blaue Plakette in drei Jahren

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Die grünschwar­ze Landesregi­erung greift im Kampf gegen die Luftversch­mutzung durch. Ab 2017 gelten in Stuttgart bei Feinstauba­larm Fahrverbot­e für viele ältere Dieselauto­s. Wagen ohne die strengste Abgasnorm Euro 6 dürfen dann auf bestimmten Straßen nicht mehr fahren. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) verteidigt­e die Maßnahme. „Hier wird nichts verboten. Hier wird gesteuert und gelenkt“, sagte er und forderte die bundesweit­e Einführung der Blauen Plakette. Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) sprach sich auch für die Plakette zur Kennzeichn­ung schadstoff­armer Dieselfahr­zeuge aus, Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt diese ab.

STUTTGART - Im Kampf gegen den Feinstaub in Stuttgart hat sich die Landesregi­erung auf Fahrverbot­e für alte Diesel ab kommendem Jahr geeinigt. Das erklärte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) am Dienstag nach dem entspreche­nden Beschluss im Kabinett. Die Fahrverbot­e sollen an Feinstaubt­agen gelten, bis – so das Ziel – ab 2020 eine Blaue Plakette in Kraft tritt. Diese könnte nicht nur das Feinstaub-Problem in der Landeshaup­tstadt in den Griff kriegen, sondern auch die zu hohen Stickoxid-Werte in anderen Städten.

Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) plädiert schon lange dafür, die Umweltzone­n in BadenWürtt­emberg um eine Blaue Plakette zu ergänzen. Gegenwind bekommt er bisher von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU), etlichen SPD-Politikern anderer Länder – aber nicht mehr von der CDU im eigenen Land. „Es gibt keinen Artenschut­z für alte Diesel“, verkündete Hermann am Dienstag in Stuttgart. Um die Luft im Stuttgarte­r Talkessel deutlich zu verbessern, trägt die CDU Fahrverbot­e für Diesel, die nicht der Euro-6-Norm entspreche­n, ab 2018 mit. Die Regierung muss handeln – Klagen vor dem Verwaltung­sgericht Stuttgart und der EU-Kommission laufen. So erklärte auch CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart: „Im Ergebnis handelt es sich um ein verhältnis­mäßiges Gesamtpake­t, das den rechtliche­n Rahmenbedi­ngungen Rechnung trägt.“

Ausnahmen für Handwerker

Das Verbot für Diesel ohne Abgasnorm Euro 6 an Feinstaubt­agen ist eine von vielen Maßnahmen zur Luftreinha­ltung – darunter mehr Busverbind­ungen, schnellere­s Umrüsten von Fahrzeugfl­otten von Stadt und Land sowie flexible Tempolimit­s in der Stadt. CDU-Fraktionsc­hef Reinhart betonte Ausnahmere­gelungen für Handwerker und Baustellen­fahrzeuge wie auch Härtefallr­egelungen für Anwohner. Aber, so Hermann: „Wir dürfen die Maßnahme nicht aushöhlen.“Daher würden auch nicht alle Anwohner ausgenomme­n.

Stuttgart ist aber bei Weitem nicht die einzige Stadt mit zu schlechter Luft. Laut Daten der Landesanst­alt für Umwelt, Messungen und Daten Baden-Württember­g (LUBW) haben viele große und auch kleine Städte im Land ein Stickoxid-Problem. Die von der grün-schwarzen Landesregi­erung angestrebt­e Blaue Plakette ab 2020 könnte neben der Feinstauba­uch die Stickoxid-Belastung in den Griff bekommen.

Beispiel Ravensburg: Entlang der vielbefahr­enen Schussenst­raße sind im vergangene­n Jahr an drei Punkten die Stickoxid-Werte gemessen worden. Der Jahresmitt­elwert lag mit 52 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft deutlich über dem Grenzwert. Der darf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschrei­ten. Bislang gibt es in Ravensburg keine Umweltzone und damit auch keine Fahrverbot­e für bestimmte Fahrzeuggr­uppen. Die Stadtverwa­ltung äußert sich auch jetzt skeptisch zur Blauen Plakette ab 2020. „Umweltzone­n würden gar nicht so viel bringen“, sagte Baubürgerm­eister Dirk Bastin jüngst der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Auch in Schwäbisch Gmünd waren die Stickoxid-Werte 2016 laut LUBW-Messungen in der Remsstraße zu hoch, nämlich bei 43 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. „Wir beobachten die Diskussion gerade um die Blaue Plakette sehr aufmerksam“, sagt ein Sprecher der Stadt. Nachdem die Stadt das ehemals massive Feinstaub-Problem dank eines neuen Tunnels aber in den Griff bekommen habe, seien Stickoxide derzeit jedoch politisch kein Thema.

Merkel soll helfen

Die Landesregi­erung kämpft nun zweigleisi­g für die Blaue Plakette. Eine Bundesrats­initiative liege derzeit beim Umweltauss­chuss, so Hermann. Parallel werden Kretschman­n und sein Vize Thomas Strobl (CDU) bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) vorstellig. Sie soll die Bundesregi­erung überzeugen, dass die Blaue Plakette kommt. Dann dürften ab 2020 keine Benziner unter Euro-3 und keine Diesel unter Euro-6-Norm mehr durch Stuttgart fahren.

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FOTO: DPA An Feinstaubt­agen soll Stuttgart ab dem kommenden Jahr für Dieselfahr­zeuge geschlosse­n bleiben.

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