Voller Zynismus
Diese Einschätzung Thomas de Maizières ist an Zynismus kaum zu überbieten. Die „normale Bevölkerung“sei zwar Opfer, aber nicht Ziel der Taliban, betonte der Innenminister, um die Gefahr für Zivilisten zu relativieren – und für alle jene, denen eine Abschiebung nach Afghanistan droht. 2016 sind dort so viele Menschen getötet worden wie seit acht Jahren nicht. Zivilisten wohlgemerkt, keine Soldaten und Polizisten, die für die Taliban als Vasallen des Westens gelten und zwangsläufig in Kämpfe verwickelt werden.
Dabei ist es egal, ob ziviles „Opfer“oder politisches „Ziel“: Es sind Menschen, die sterben. Es macht keinen Unterschied, ob sie bei einem Marktbesuch zufällig von einer Bombe getötet werden oder als Polizist im Dienst für die Sicherheit der Bevölkerung sterben. Die meisten Opfer gehen dabei auf das Konto der Taliban. Zu der Bedrohung durch die Islamisten, die auch durch die Isaf-Mission nicht vertrieben werden konnten, ist zusätzlich der Terror des „Islamischen Staats“gestoßen.
Afghanistan ist gefährlicher geworden, überall. So gefährlich, dass die Vereinten Nationen keine sicheren Gebiete benennen. Bundesländer wie Thüringen und Niedersachsen wollen auf Grundlage dessen nicht mehr abschieben. All jene, die wie de Maizière darauf beharren, kennen diesen Bericht offensichtlich nicht – oder sie ignorieren ihn.