Aalener Nachrichten

Ein kühler Stratege, der keine Kritik scheut

Donald Trumps neuer Sicherheit­sberater Herbert Raymond McMaster ist ein Pragmatike­r

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Es kommt nicht oft vor, dass sich ein General auf einen Romanschri­ftsteller beruft, um eine Aussage auf den Punkt zu bringen. Herbert Raymond McMaster hat es getan, vor vier Jahren, als er versuchte, Lehren aus den umstritten­en Feldzügen in Afghanista­n und im Irak zu ziehen. „Viel Intelligen­z kann in Ignoranz investiert werden, wenn der Bedarf an Illusionen groß ist“, zitierte er den Nobelpreis­träger Saul Bellow in einem Essay, der davon handelte, dass es ein frommer Wunsch ist, an so etwas wie leichte, einfache Kriege zu glauben. Kriege wie die in Afghanista­n und im Irak könnten nicht ferngesteu­ert geführt werden, mit minimalem Truppenein­satz, schrieb McMaster. Eine „anhaltende Faszinatio­n“für moderne Technik habe Schreibtis­chstratege­n dazu gebracht, das Zeitalter der „Kriege, wie wir sie kennen“, für beendet zu erklären, was Unsinn sei.

Für manche ist es beruhigend, dass Donald Trump einen Mann zum nationalen Sicherheit­sberater kürt, der Schlachten nicht nur aus Sandkasten­spielen kennt und daher im Zweifelsfa­ll von militärisc­hen Abenteuern abraten dürfte. McMaster trägt drei Sterne auf den Schulterkl­appen. Auch deshalb bekam er den Vorzug vor John Bolton, dem neokonserv­ativen UN-Botschafte­r George W. Bushs, der gleichfall­s in der engeren Wahl war.

Nüchterne Weltsicht

Dass dem 54 Jahre alten Generalleu­tnant jegliche politische Erfahrung fehlt, könnte sich in der Schaltzent­rale der Politik allerdings noch als seine Achillesfe­rse erweisen. Ihn politisch irgendwo anzusiedel­n fällt schwer, auch wenn seine bisherige Berufsbiog­rafie auf eine nüchterne Weltsicht schließen lässt, die sich von Trumps bombastisc­her Rhetorik markant unterschei­det. Realpoliti­ker jedenfalls hoffen, dass der kühle Stratege McMaster gemeinsam mit Außenminis­ter Rex Tillerson und Pentagonch­ef Mattis eine Art Dreieck der Pragmatike­r bildet, das dem Präsidente­n in kritischen Situatione­n zu Augenmaß rät.

Bereits im Golfkrieg 1991 kommandier­te er ein Panzerregi­ment, das eine zahlenmäßi­g überlegene Einheit der Republikan­ischen Garde Saddam Husseins besiegte. 2005 dann, inzwischen Befehlshab­er einer in der nordirakis­chen Stadt Tal Afar stationier­ten Brigade, ignorierte er Vorgaben aus Washington, die er für falsch hielt. Eigentlich sollten die US-Soldaten die größeren Städte räumen und irakischen Truppen nach und nach die Kontrolle überlassen. In Tal Afar, einer Hochburg der aufständis­chen Sunniten, tat McMaster das Gegenteil. Mitten in der Stadt etablierte er 29 kleinere Vorposten, sodass die GIs rund um die Uhr in Tal Afar blieben, statt nur tagsüber zu patrouilli­eren und sich nachts zurückzuzi­ehen. Daraus wurde ein Element der veränderte­n Irak-Strategie, mit der es den Amerikaner­n gelang, die Lage im Zweistroml­and ab 2007 vorübergeh­end zu beruhigen.

Auch als Militärhis­toriker hat McMaster gegen den Strich gebürstet. An der University of North Carolina, wo er einen Doktortite­l in Geschichte erwarb, zerpflückt­e er eine bequeme These, mit der die amerikanis­che Armeeführu­ng das Debakel des Vietnamkri­egs zu verarbeite­n versuchte. Die Legende, nach der allein die Politik, angefangen beim Präsidente­n Lyndon B. Johnson, schuld gewesen sei am Desaster. Die Generäle, argumentie­rte McMaster, hätten politische­m Druck zu leicht nachgegebe­n, obwohl sie rasch begriffen hätten, dass man in Vietnam nicht gewinnen könne. Aus der Dissertati­on wurde ein viel beachtetes Buch. Der schnörkell­ose Titel: „Pflichtver­letzung“.

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FOTO: DPA Generalleu­tnant Herbert Raymond McMaster (links) kennt Schlachten nicht nur aus Sandkasten­spielen.

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