Ein kühler Stratege, der keine Kritik scheut
Donald Trumps neuer Sicherheitsberater Herbert Raymond McMaster ist ein Pragmatiker
WASHINGTON - Es kommt nicht oft vor, dass sich ein General auf einen Romanschriftsteller beruft, um eine Aussage auf den Punkt zu bringen. Herbert Raymond McMaster hat es getan, vor vier Jahren, als er versuchte, Lehren aus den umstrittenen Feldzügen in Afghanistan und im Irak zu ziehen. „Viel Intelligenz kann in Ignoranz investiert werden, wenn der Bedarf an Illusionen groß ist“, zitierte er den Nobelpreisträger Saul Bellow in einem Essay, der davon handelte, dass es ein frommer Wunsch ist, an so etwas wie leichte, einfache Kriege zu glauben. Kriege wie die in Afghanistan und im Irak könnten nicht ferngesteuert geführt werden, mit minimalem Truppeneinsatz, schrieb McMaster. Eine „anhaltende Faszination“für moderne Technik habe Schreibtischstrategen dazu gebracht, das Zeitalter der „Kriege, wie wir sie kennen“, für beendet zu erklären, was Unsinn sei.
Für manche ist es beruhigend, dass Donald Trump einen Mann zum nationalen Sicherheitsberater kürt, der Schlachten nicht nur aus Sandkastenspielen kennt und daher im Zweifelsfall von militärischen Abenteuern abraten dürfte. McMaster trägt drei Sterne auf den Schulterklappen. Auch deshalb bekam er den Vorzug vor John Bolton, dem neokonservativen UN-Botschafter George W. Bushs, der gleichfalls in der engeren Wahl war.
Nüchterne Weltsicht
Dass dem 54 Jahre alten Generalleutnant jegliche politische Erfahrung fehlt, könnte sich in der Schaltzentrale der Politik allerdings noch als seine Achillesferse erweisen. Ihn politisch irgendwo anzusiedeln fällt schwer, auch wenn seine bisherige Berufsbiografie auf eine nüchterne Weltsicht schließen lässt, die sich von Trumps bombastischer Rhetorik markant unterscheidet. Realpolitiker jedenfalls hoffen, dass der kühle Stratege McMaster gemeinsam mit Außenminister Rex Tillerson und Pentagonchef Mattis eine Art Dreieck der Pragmatiker bildet, das dem Präsidenten in kritischen Situationen zu Augenmaß rät.
Bereits im Golfkrieg 1991 kommandierte er ein Panzerregiment, das eine zahlenmäßig überlegene Einheit der Republikanischen Garde Saddam Husseins besiegte. 2005 dann, inzwischen Befehlshaber einer in der nordirakischen Stadt Tal Afar stationierten Brigade, ignorierte er Vorgaben aus Washington, die er für falsch hielt. Eigentlich sollten die US-Soldaten die größeren Städte räumen und irakischen Truppen nach und nach die Kontrolle überlassen. In Tal Afar, einer Hochburg der aufständischen Sunniten, tat McMaster das Gegenteil. Mitten in der Stadt etablierte er 29 kleinere Vorposten, sodass die GIs rund um die Uhr in Tal Afar blieben, statt nur tagsüber zu patrouillieren und sich nachts zurückzuziehen. Daraus wurde ein Element der veränderten Irak-Strategie, mit der es den Amerikanern gelang, die Lage im Zweistromland ab 2007 vorübergehend zu beruhigen.
Auch als Militärhistoriker hat McMaster gegen den Strich gebürstet. An der University of North Carolina, wo er einen Doktortitel in Geschichte erwarb, zerpflückte er eine bequeme These, mit der die amerikanische Armeeführung das Debakel des Vietnamkriegs zu verarbeiten versuchte. Die Legende, nach der allein die Politik, angefangen beim Präsidenten Lyndon B. Johnson, schuld gewesen sei am Desaster. Die Generäle, argumentierte McMaster, hätten politischem Druck zu leicht nachgegeben, obwohl sie rasch begriffen hätten, dass man in Vietnam nicht gewinnen könne. Aus der Dissertation wurde ein viel beachtetes Buch. Der schnörkellose Titel: „Pflichtverletzung“.