Knirschen hat auf Dauer unangenehme Folgen
Bruxismus beschädigt Zähne und Kiefermuskulatur
BERLIN (dpa) - Eigentlich sollten die Zähne nur beim Essen aufeinander treffen. Eigentlich. Doch jeder Zweite knirscht laut Bundeszahnärztekammer (BZÄK) zumindest ab und an, jeder Fünfte sogar regelmäßig mit den Zähnen. Manche pressen sie nur in der Nacht aufeinander, andere auch am Tag. Mediziner nennen das Bruxismus.
Die Belastung durch das Knirschen ist für das Gebiss dabei wesentlich höher als beim Kauen: „Der Druck kann bei bis zu 600 Kilogramm pro Quadratzentimeter und mehr liegen“, sagt Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der BZÄK. Das schadet – nicht immer nur den Zähnen.
Wer knirscht oder die Zähne aufeinanderpresst, schmirgelt Schneide- und Eckzähne ab und Kauflächen glatt. „Zahnhartsubstanz geht verloren, die Zähne büßen ihre ursprüngliche Form ein“, warnt Oesterreich. Die Zähne reagieren dann zum Beispiel schmerzempfindlich auf Wärme oder Kälte. Stücke vom Zahn oder auch Kronen und Füllungen können herausbrechen, ganze Zähne reißen.
Nicht nur ein Dauerzustand
Manchmal gibt sich das Knirschen oder Pressen von selbst. „Bei Kindern ist das oft nach wenigen Monaten beim Zahndurchbruch wieder vorbei“, sagt Oesterreich. Auch mit dem Alter nimmt Bruxismus ab. Knirscht jemand aber über einen längeren Zeitraum, bekommt er in der Regel eine Aufbissschiene aus Kunststoff für die Nacht. Die sogenannte Okklusionsschiene schützt die Zähne, indem sie den Druck, der beim Knirschen und Pressen entsteht, verteilt. Außerdem bewahrt sie die Zähne vor weiterer Abnutzung. Die Schiene wird an die eigenen Zähne angepasst. Manche empfinden sie als Fremdkörper, erklärt Dirk Kropp, Geschäftsführer der Initiative proDente. Die meisten gewöhnen sich aber schnell daran.
Wer nachts knirscht, merkt das oft auch am nächsten Morgen: „Die Kaumuskulatur kann bei 20 bis 30 Prozent der Patienten schmerzen, der Kiefer fühlt sich an wie eingerostet, und beim Öffnen knackt es etwas“, sagt Oesterreich. Der Schmerz kann auch in den Nacken ziehen, und manche bekommen Kopfschmerzen, vor allem im Bereich der Schläfen, ergänzt Michael Preibsch, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Verbandes für Physiotherapie.
Speziell geschulte Physiotherapeuten können helfen, die Beschwerden zu lindern. Abhängig von der genauen Diagnose wird die Kaumuskulatur massiert, gedehnt oder bewegt, erklärt Preibsch. Aber auch zu Hause können die Patienten etwas gegen den verspannten und schmerzenden Kiefer tun: beispielsweise den Schläfenund Wangenbereich mit einem feuchten Waschlappen wärmen. „Dann kann man die Kaumuskulatur mit den Daumen mit tiefen, langsamen Bewegungen massieren“, empfiehlt Preibsch. Auch Gähnen hilft das entspannt die Muskulatur.
All das bekämpft jedoch letztlich nicht die Ursache. Und die heißt meistens: Stress. „Man beißt sich im wahrsten Sinne des Wortes durch und versucht, dem Stress ein Ventil zu geben“, erklärt Kropp.