Schutzwohnungen sind ständig voll belegt
Steybe: Weil es zu wenige Sozialwohnungen gibt, bleiben viele Frauen länger als nötig
AALEN - Häusliche Gewalt ist in Aalen ein Problem: Die sechs Schutzwohnungen sind ständig voll belegt. Immer wieder müsse die Stadt betroffene Frauen und Kinder abweisen oder auf andere Landkreise verweisen, sagt Uta-Maria Steybe, Beauftragte für Chancengleichheit und demografischen Wandel, auf Anfrage der „Aalener Nachrichten“. Und das, obwohl es ein kreisweites Frauenhaus in Schwäbisch Gmünd und zusätzlich in Ellwangen städtische Schutzwohnungen gibt – was andere Landkreise laut Steybe nicht haben. Das Thema Frauenschutzwohnungen stand kürzlich auf der Agenda des Sozial- und des Jugendhilfeausschusses des Kreistags. Der Fokus lag dabei allerdings auf dem Frauenhaus in Schwäbisch Gmünd.
„Wir sind alle durch die Bank weg voll belegt“, sagt Steybe und bezieht sich damit auf alle Schutzangebote für Frauen und Kinder im Ostalbkreis. „Lediglich in den Sommermonaten – weil Urlaubszeit – haben wir mal Leerstand, um nötige Renovierungen durchführen zu können.“Seit 2010 ist die Zahl der Frauen und Kinder, die in Aalen in entsprechenden Wohnungen Schutz gesucht haben, konstant hoch geblieben: Sechs Frauen und sieben Kinder lebten zwischen 2010 und 2016 durchschnittlich pro Jahr in den Wohnungen. In den sieben Jahren nutzten insgesamt 44 Frauen mit 52 Kindern das Angebot. Sie blieben im Schnitt 5,5 Monate (siehe Grafiken).
Zwar gibt es in Aalen vier längerfristig belegbare Wohnung sowie eine Notfallwohnung. Angesichts der starken Auslastung sagt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt aber: „Zwischen Notfallwohnungen und längerfristigen Unterbringungen unterscheiden wir heute gar nicht mehr – wir sind eigentlich immer so ausgelastet, dass wir einfach die Wohnung nehmen, die gerade frei ist.“Die Fälle von häuslicher Gewalt hätten allerdings nicht zugenommen, betont Steybe: „Wir haben schon immer – unabhängig von Ethnie, Religion oder Schichtzugehörigkeit – häusliche Gewalt.“Lediglich sei heute die Dunkelziffer nicht mehr so hoch, da sich Frauen eher trauen, um Hilfe zu bitten als etwa in den 1980er oder 1990er-Jahren.
Anteil bei Migrantinnen ist höher
Der Anteil bei Migrantinnen, die Schutzwohnungen benötigen, ist zwar höher als bei deutschen Frauen. Laut Steybe liegt das aber nicht daran, „dass es dort mehr Gewalt gibt, sondern weil diese Frauen einen viel höheren Beratungsbedarf haben und kein entsprechendes soziales Netzwerk, das sie auffangen könnte“. Wenn ihnen Gewalt widerfahre und sie den Ehemann verließen, seien sie völlig auf sich selbst gestellt, außerhalb ihrer Community und außerhalb ihrer Familie.
Das Problem ist in Aalen allerdings kein hausgemachtes, sondern es besteht landesweit: Laut Steybe gab es beispielsweise zwischen November 2016 und Januar 2017 in ganz Baden-Württemberg und in Bayern keinen einzigen Platz mehr. Sie spricht hier von einem „Verstopfungsproblem“: „Momentan sehe ich eine der Hauptgründe darin, dass es unglaublich schwierig ist, endgültigen Wohnraum für die Frauen zu finden, da wir schlicht zu wenig Angebote im sozialen Wohnungsbau haben – und unsere Frauen zu 95 Prozent Hartz-IV-Empfängerinnen sind.“So komme es zu der Situation, dass Frauen, obwohl die Gefahr durch den Ex-Partner nicht mehr im ursprünglichen Maße besteht, trotzdem noch in den geschützten Unterbringungen verweilen – einfach, weil es keine passenden Wohnungen gibt. „Dadurch können Frauen und Kinder, die jetzt in akuter Gefahr sind, eben nicht zeitnah untergebracht werden.“
Grundsätzlich aber hält Steybe die sechs Wohnungen, die es in Aalen gibt, für ausreichend für eine Mittelstadt mit knapp 70 000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Anzahl der Plätze sei seit circa 20 Jahren gleich geblieben, lediglich in Ellwangen seien zwei Schutzwohnungen – also zwei Plätze dazugekommen.