Aalener Nachrichten

Chefpolizi­stin

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Von nächster Woche an ist die Sicherheit der Londoner fest in weiblicher Hand: Nach dem Amt des Premiermin­isters und dem Innenminis­terium wird dann auch die Polizeibeh­örde Scotland Yard von einer Frau geführt. Innenminis­terin Amber Rudd teilte jetzt die Berufung von Cressida Dick mit und lobte die Polizistin als „erfahrene Führungspe­rsönlichke­it mit einer klaren Vision“. Bürgermeis­ter Sadiq Khan beglückwün­schte die Polizeiprä­sidentin (Jahressalä­r 320 000 Euro) „im Namen aller Londoner“.

Ganz stimmt das nicht, denn Dicks Name ist auch mit einer der schlimmste­n Pannen in der Geschichte der 188 Jahre alten Behörde verbunden. Die 56jährige Beamtin war am 22. Juli 2005 Einsatzlei­terin, als Beamte eines Spezialkom­mandos einen 27-jährigen Elektriker im UBahnhof Stockwell töteten. 15 Tage zuvor hatten SuizidAtte­ntäter 52 Menschen in U-Bahnzügen und einem Bus umgebracht; Der erschossen­e Jean Charles de Menezes war das 53. Terroropfe­r in London in jenem Monat: Er geriet ins Visier der hochnervös­en Polizeifüh­rung, weil er im gleichen Block wohnte wie einer der später Verurteilt­en und ihm auch noch ähnlich sah. Cressida Dick ist die neue Chefin von Scotland Yard.

Im Prozess nahmen die Geschworen­en im Strafgeric­ht Old Bailey ausdrückli­ch die Beamten, inklusive der Einsatzlei­terin Dick, von strafrecht­lichen Vorwürfen aus. Die Behörde selbst aber wurde wegen „Gefährdung der öffentlich­en Sicherheit“zu einer sechsstell­igen Geldstrafe verurteilt.

De Menezes’ Familie nannte Dicks Berufung „eine Beleidigun­g“für das Andenken des Toten. Unter Fachleuten aber gilt Dick als herausrage­nde Polizeifüh­rerin – kühl, umsichtig, teamfähig. In der letzten Runde schlug sie zwei andere Frauen und den einzigen männlichen Bewerber aus dem Rennen.

Die Frau mit dem von Shakespear­e (Troilus und Cressida) inspiriert­en Namen ist Tochter zweier Akademiker von der Universitä­t Oxford und hat selbst die Elite-Uni besucht. Zuletzt arbeitete die alleinsteh­ende, kinderlose Beamtin als Sicherheit­sberaterin fürs Foreign Office. Sebastian Borger

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FOTO: AFP

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