Pfeil statt Kombi
Mercedes’ neues Formel-1-Auto sieht anders – besser – aus als die Boliden der Konkurrenz
SILVERSTONE (fil/dpa/SID) - Es ist doch immer besser, mit dem neuen Flitzer gleich auf die Strecke zu gehen, muss sich das Formel-1-Team von Mercedes gedacht haben. Da kann die versammelte Öffentlichkeit sich gleich mal davon überzeugen, dass die Karre auch fährt.
Der neue Silberpfeil, den Mercedes gestern in Silverstone im Rahmen von Filmaufnahmen vorgestellt hat, fuhr tatsächlich. 100 Kilometer, bei denen das einzige Problem, wenn überhaupt, der starke Wind über England war. Also zog Lewis Hamilton, nach dem überraschenden Rücktritt von Nico Rosberg nach dessen WM-Gewinn erstmals wieder die klare Nummer 1 im alles dominierenden Rennstall der letzten Jahre, seine dicke schwarze Jacke erst spät und dann auch nur ganz kurz aus für die Fotos und Filmaufnahmen. Sein neuer Teamkollege Valtteri Bottas, konnte es derweil „kaum abwarten, das Auto endlich zu fahren. Für mich ist das ein ganz großer Tag.“
Obwohl die Rollenverteilung innerhalb des Weltmeisterrennstalls klarer ist als in den vergangenen Jahren, als sich Hamilton und Rosberg ein hin und wieder auch über die Grenzen des Erträglichen gehendes Duell ablieferten, das aber letztlich beide zur Höchstform trieb, hat der Rennstall auch der Fahrerpaarung für die kommende Saison klare Verhaltensregeln auferlegt. „Wir haben ein internes Papier, das über die Jahre mit der Erfahrung gewachsen ist“, sagte Motorsportchef Toto Wolff. Das grundlegende Konzept werde bleiben, man müsse aber die Dynamik zwischen beiden Piloten abwarten.
Die Abschiede Rosbergs und von Technikdirektor Paddy Lowe können nach Einschätzung von Wolff völlig neue Kräfte freisetzen. „Ein Bruch kann ein sehr positiver Faktor in der Entwicklung von Firmen sein“, beteuerte der Österreicher, der jüngst, ebenso wie Aufsichtsratschef Niki Lauda, seinen Vertrag bis 2020 verlängert hat. Der zuletzt bei Ferrari ausgeschiedene Brite James Allison ist ab kommender Woche Nachfolger von Lowe.
Eine gewisse Dynamik in der Entwicklung wäre aber auch ohne die Abgänge nötig gewesen. Um nicht zu sagen: eine Revolution.
Die Formel 1 hat sich ein neues Regelwerk verpasst. Die Autos sind breiter und länger geworden, erwartet wird, dass es die schnellsten Boliden aller Zeiten werden. Und sie sollen schwerer zu kontrollieren sein als die Vorgängergeneration. Dadurch versprechen sich die Regelmacher und Rennställe, na klar, spektakulärere Überholmanöver, mehr Duelle Reifen an Reifen und generell mehr Spannung. Oder, wie es Wolff formulierte: „Das neue Reglement wurde entwickelt, um mit aerodynamischer Performance die schnellsten F1-Autos der Geschichte zu bauen. Sie sollen für die Fahrer schwieriger zu beherrschen sein und hoffentlich aus Sicht der Fans spektakulärer aussehen.“
Aus einem Guss
Die Optik stimmt jedenfalls: Der auf den recht sperrigen Namen, „F1 W08 Hybrid EQ Power“getaufte Flitzer sieht bildschön aus, tatsächlich wie ein Pfeil. Außerdem schon auf den ersten Blick dynamisch und aus einem Guss designt, kurz: sauschnell. Im Gegensatz zu den Konkurrenten von Williams, Sauber und Renault, die ihre Boliden bereits vorgestellt haben, hat Mercedes auf die Haifischflosse am Heck, die den Formel-1-Autos ein wenig das Aussehen eines Familienkombis verpasst, verzichtet. „Es sieht nach einem Weltmeister-Auto aus“, sagte Wolff, schränkte dann aber schnell ein: „Es muss natürlich auch auf der Stoppuhr weltmeisterlich sein.“Hamilton, der ähnlich stilsicher ist wie er ein Meister am Lenkrad ist, sagte: „Das Auto sieht unglaublich aus. Es ist so ziemlich das detaillierteste Auto der Formel-1-Geschichte.“
Ob es aber auch das schnellste ist, wird die neue Saison zeigen, die am 26. März in Melbourne beginnt. Einen ersten Fingerzeig werden auch die ersten echten Testfahrten geben, die vom 27. Februar bis zum 2. März in Barcelona stattfinden. Da werden dann auch Ferrari und Sebastian Vettel mit am Start sein. Der viermalige Weltmeister wird seine neue „rote Göttin“am heutigen Freitag in Maranello enthüllen.