CDU lehnt Vorschlag der Grünen zu Einwanderung ab
In der Koalition hält die Unruhe wegen gescheiterter Abschiebungen nach Afghanistan an
STUTTGART - Zwei gescheiterte Abschiebungen nach Afghanistan haben der grün-schwarzen Koalition im Land weitere Turbulenzen beschert. Einen Vorstoß der grünen Landesvorsitzenden Sandra Detzer lehnt die CDU ab.
Auslöser der Debatte sind Pannen bei der Abschiebung von Afghanen aus Baden-Württemberg. Am Mittwoch hatte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim diese im Fall eines Familienvaters verhindert. Das Bundesverfassungsgericht stoppte die Abschiebung eines psychisch Kranken.
CDU-Generalsekretär Manuel Hagel forderte am Freitag von den Grünen, sich in ihrer Kritik zu mäßigen. „So sollte man in einer Koalition nicht miteinander umgehen“, kommentierte Hagel die harsche Kritik des Grünen Uli Sckerl. Der hatte CDU-Innenminister Thomas Strobl „katastrophale Pannen“vorgeworfen.
Die grüne Landesvorsitzende Detzer brachte eine eigene Idee ins Spiel. Sie machte sich für ein „kleines Einwanderungsgesetz“stark. „Darin könnte man festschreiben, dass alle Flüchtlinge, die einen Arbeitsvertrag haben und ihren Lebensunterhalt selber bestreiten, in Deutschland bleiben dürfen“, sagte Detzer. Dafür solle sich die Landesregierung im Bundesrat einsetzen.
Dem müsste auch die CDU zustimmen. Doch die hält das für keine gute Idee, so der innenpolitische Sprecher der Union, Thomas Blenke. „Asylrecht ist für jene gedacht, die Schutz suchen“. Dies nun für Fälle zu öffnen, in denen kein Fluchtgrund bestehe, begünstige Missbrauch. Sprich: So würde man unter dem Deckmantel des Asylrechts Menschen ins Land lassen, die in ihrer Heimat nicht verfolgt würden. „Die Frage der Einwanderung von Arbeitskräften muss man anders regeln“, so Blenke. Ähnlich äußerte sich CDU-Generalsekretär Hagel.
Dennoch sind die aktuellen Fälle unangenehm für das Stuttgarter Innenministerium. Denn die Richter rügten unter anderem eine mangelnde Prüfung der Einzelfälle. Genau diese hatte Strobl zur Aufgabe seines Staatssekretärs Martin Jäger erklärt. Der hatte wiederholt betont, jede Akte selbst anzuschauen. Außerdem sind da noch eine Vereinbarung zwischen Grünen und CDU sowie Leitlinien des Innenministeriums. In beiden steht: Prioritär sollen Straftäter und alleinstehende Männer abgeschoben werden, Familien und Kranke genießen besonderen Schutz. Innenminister Strobl verteidigte die Entscheidung am Freitag noch einmal: „Alle vorgesehenen Abschiebungen vom Mittwoch sind von den Vereinbarungen in der Landesregierung absolut gedeckt.“
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lehnt einen Abschiebestopp nach Afghanistan ab, den andere Bundesländer verhängt haben. In seinen Augen hat nur der Bund die Expertise, um einzuschätzen, wie sicher ein Land ist. Er hat aber einen Brief an Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) verfasst, in dem er um eine erneute Prüfung der Sicherheitslage bittet.
Das ist vielen Grünen nicht genug. „Das ist für uns ein ganz schwieriges Thema“, sagt Markus Böhlen, Bundestagskandidat aus dem Bodenseekreis. Zwar sei Kretschmann darauf angewiesen, dass der Bund die Lage in Afghanistan richtig bewerte. Dennoch müsse man die Abschiebungen stoppen. Andere berichten von Hilferufen jener, die sich um Flüchtlinge kümmern. Die Ehrenamtler verstehen nicht, wieso die Grünen die Abschiebung gut integrierter Menschen nicht verhindern. „Die Grünen müssen aufpassen, dass sie ihre Werte nicht verkaufen“, fasst Elmar Feucht, Bundestagskandidat der Partei für Zollernalb-Sigmaringen, die Stimmung zusammen.