Philippe Jordan dirigiert Beethoven
Ludwig van Beethoven gilt als Schöpfer der „modernen“Sinfonie. Die Gattung gab es natürlich bereits vor seiner Zeit und auch schon vor Joseph Haydns mehr als hundert stilbildenden Beiträgen. Die musikalischen Romantiker jedoch kamen an den neun Sinfonien des Bonner Meisters nicht vorbei. Noch Johannes Brahms tat sich schwer mit seiner Ersten. Er höre beim Komponieren quasi stets „den Riesen Beethoven hinter sich marschieren“. Diese Aussage ist typisch für die damals mit dem Wort „Symphonie“verbundene Idee schwergewichtiger Bekenntnis-Musik. Ihr zufolge sollte die bürgerlich-repräsentative Gattung klassisch-romantischer Sinfonik nicht nur motivisch-thematische Arbeit und viersätzige Form, sondern auch Gestik und Dimensionen von Beethovens Modellen übernehmen oder gar überbieten. Philippe Jordan, seit 2014 Chefdirigent der Wiener Symphoniker, hat nun mit dem Orchester der Opéra National de Paris eine beeindruckende DVD-Gesamteinspielung der Beethoven-Sinfonien vorgelegt. Die aufnahmetechnisch exzellenten Live-Mitschnitte sind 2014/15 in der Pariser Opéra Bastille und im Palais Garnier entstanden. Der Ton ist prägnant, der Gesamtklang konturenscharf, aber stets abgerundet. Das Orchester spielt mit bestechender Präzision. Federleicht und locker bis in tiefste Bassregionen gelingt etwa der tänzerische Elan der Siebten schon im Pianissimo. Perfekt greifen zwischen Instrumenten wechselnde Passagen ineinander. Jordan vermittelt seine ausgereifte Interpretation mit akkurater Zeichengebung und unerbittlicher Konsequenz. Bei der Neunten wirken hervorragende Gesangssolisten mit. Ein Filmporträt des Dirigenten von Reiner E. Moritz und ein reich bebildertes Begleitbuch ergänzen die wertvolle Edition. (wmg)
Beethoven: Sämtliche Sinfonien
(live); Chor/Orchester der Opéra National de Paris, Philippe Jordan. Arthaus Musik 109248 (4 DVDs od. 3 BDs und Begleitbuch)