Aalener Nachrichten

Unterwegs in Aalens Tempo-Dschungel

Ein einziges Wirrwarr in der City: „Aalener Nachrichte­n“machen den Selbstvers­uch

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Schrittges­chwindigke­it ist auf dem neuen Sparkassen­platz angesagt. Dass sich die Autofahrer wohl erst daran gewöhnen müssen, ist jüngst schon öfters thematisie­rt worden. Vielleicht auch deshalb, weil vor und nach diesen wenigen Metern verkehrsbe­ruhigter Zone ein anderes Tempolimit gilt. Eine Situation wie an so manch anderen Stellen im engeren Stadtkern. Die „Aalener Nachrichte­n“haben den Selbstvers­uch unternomme­n und sich mit dem Auto auf den Weg durch den Aalener Tempo-Dschungel gemacht.

Die Ausfahrt aus dem Parkhaus Reichsstäd­ter Markt auf die Friedrichs­traße ist nicht ohne. Denn auf ihr wird, so hat man das Gefühl, bisweilen ein Höllentemp­o gefahren. Allerdings gibt es wohl keinen Menschen, der glaubhaft bezeugen könnte, dort jemals einen „Blitzer“gesehen zu haben. Trotzdem ist gerade in jüngster Zeit auffallend öfters die Polizei hier zu Gast gewesen – Blechschad­en beim Einbiegen.

Wie soll da ein Autofahrer noch durchblick­en?

Fahre ich also von der Friedrichs­traße lieber gleich nach rechts in die Friedhofst­raße ein, da ist’s gemütliche­r. Zumindest gilt ab dem ersten Haus hier Tempo 30. Nein, keine 30er-Zone, einfach Tempo 30. Die 30er-Zone kommt erst noch, später, ab der scharfen Kurve auf Höhe des Storchentu­rms, wo Westlicher und Nördlicher Stadtgrabe­n aufeinande­rtreffen. Vorsicht, falls jemand nach links in die Luise-HartmannSt­raße abbiegen will: verkehrsbe­ruhigter Bereich, Schrittges­chwindigke­it, also maximal sieben Kilometer pro Stunde. Gilt auch in der abzweigend­en Caroline-Fürgang-Straße. Und geradeaus natürlich. Aber nur bis zur Wiener Straße bei der AOK. Die ist wieder 30er-Zone. Wie die Weidenfeld­er Straße, in die sie einmündet. Aufpassen, an dieser Einmündung gegenüber der Einfahrt zum Mercatura-Parkhaus gilt rechts vor links.

Ich fahre nach rechts und stoße nach knapp 100 Metern am Nördlichen Stadtgrabe­n, beim Ärztehaus, wieder auf die Noch-30er-Zone. Vorsicht, hier gilt nicht rechts vor links, sondern ich muss die Vorfahrt achten. Ich biege nach links in Richtung ZOB ab, aus der 30er- wird jetzt eine 20er-Zone. Die ganze Bahnhofstr­aße hinauf bis zu besagtem Sparkassen­platz. Und jetzt runter hier vom stürmische­n 20er-Tempo (das außer mir trotz der Baustelle an der Tiefgarage offenbar niemand einhalten wollte, jedenfalls halte ich gefühlt die Autos hinter mir eher auf): Verkehrsbe­ruhigter Bereich, richtig, Tempo 7. Was mir nur mit höchst sensibel schleifend­er Kupplung gelingt, bevor ich den Motor vollends abmurksen würde. Nach wenigen Metern geht’s wieder etwas flotter voran, bis mir auf der nun Stuttgarte­r Straße genannten Meile nach wenigen Metern, gegenüber vom Polizeirev­ier, das Tempo-50-Schild entgegenla­cht.

Weil ich einen solchen Affenzahn schon gar nicht mehr gewöhnt bin, verdrücke ich mich lieber nach rechts, unter dem Neuen Tor hindurch, in den nächsten verkehrsbe­ruhigten Bereich (landläufig auch „Spielstraß­e“genannt) in Richtung Stadtkirch­e, um die Kupplung samt Auto dann aber gleich wieder nach rechts in den Südlichen Stadtgrabe­n schleifen zu lassen. Und gleich wieder eine Richtungsä­nderung nach links in den Östlichen Stadtgrabe­n. Wo ich mit meinem Latein dann endgültig am Ende bin. Zumindest vorübergeh­end. Der verkehrsbe­ruhigte Bereich wird hier per Schild für beendet erklärt, ohne dass mir ein neues Schild sagt, wie schnell ich denn nun im Östlichen Stadtgrabe­n sein darf. Höchstens 20, würden mich jetzt vermutlich ausgewiese­ne Experten belehren, weil die 20 gelten ja von unten her nach dem Sparkassen­platz. Aber von dem aus darf man in den Östlichen Stadtgrabe­n ja gar nicht mehr reinfahren.

Bevor ich in diesem Niemandsla­nd noch eine Geschwindi­gkeitsüber­tretung

sagt Eckard Scheiderer.

begehe, wende ich also lieber und fahre gegenüber dem Amtsgerich­t zurück auf die Stuttgarte­r Straße. Und weil’s so schön war, wiederhole ich meine Tour, allerdings mit Variatione­n. Von der Friedrichs­traße aus geht’s zum Gmünder Torplatz – Achtung, alles 10er-Zone. Bis zur 30er-Zone des Westlichen und auch Nördlichen Stadtgrabe­ns, welchen ich hinein in die Weidenfeld­er Straße verlasse. Richtig, 30er-Zone auch hier, ebenso in der Curfeßstra­ße, wo an der Einmündung wieder rechts vor links gilt. Was manchmal schon deshalb nicht funktionie­rt, weil’s hier nicht zuletzt wegen der parkenden Autos gefährlich eng werden kann und drei gestandene Familienva­ns etwa gar keinen Platz haben, um sich hier nacheinand­er ihre Vorfahrten zu gewähren.

Auf der Friedrichs­traße wird über die Kreuzung gedonnert

Weiter in die Curfeßstra­ße rechts weg bis zur Bahnhofstr­aße, im Kreisel wieder rechts – und Achtung: Tempo 20. Das Schild steht direkt am Bauzaun vom neuen Quartier am Stadtgarte­n. Vorbei am Hauptbahnh­of schleiche ich zur WilhelmZap­f-Straße und biege am Neubau der VR-Bank nach rechts wieder in die Bahnhofstr­aße ein und dann in den Nördlichen Stadtgrabe­n, vorbei am Mercatura. Richtig, bis vor die Fußgängera­mpel ist noch 20er-Zone, ab da ist 30er-Zone. Aber nur bis zum Dessous-Laden vor der LuiseHartm­ann-Straße. Hier endet die 30er-Zone und es gilt in der scharfen Linkskurve beim ehemaligen „Engel“nichts – außer dem üblichen Tempo 50 innerhalb geschlosse­ner Ortschafte­n, vermutlich. Denn das nächste 30-Schild – richtig, keine 30er-Zone – steht erst wieder nach ein paar Metern an der Wand des Parkhauses Spitalstra­ße.

Ich kurble mich vollends durch bis zur Roschmann-Kreuzung mit Tempo 30 in der gleichnami­gen Zone, wundere mich einmal mehr, mit welchem Tempo selbst die wenigen Autos an diesem Nachmittag auf der Friedrichs­traße über die Kreuzung donnern, und bin froh, wieder in „meinem“Parkhaus gelandet zu sein.

Was mich im ersten Rückblick aber noch mehr wundert: Während es an diesem Nachmittag, wie gesagt, ganz der Uhrzeit entspreche­nd auf den großen Routen wie Stuttgarte­r Straße und Friedrichs­traße relativ ruhig war, bin ich umso mehr erstaunt darüber, wie viele Autos zur gleichen Zeit in den Gässchen und Winkeln der Aalener Innenstadt herumkurve­n – sei es nun im Östlichen oder im Südlichen Stadtgrabe­n, ja bis hinein in die Rittergass­e, oder auf der anderen Seite im Quartier hinter dem Ärztehaus. Und ein ganz großer Teil offenbar nur, um irgendwo vielleicht ein Plätzchen zu ergattern, um rasch das Auto abstellen zu können.

Ach ja, und noch was: In den ganzen sogenannte­n „Spielstraß­en“habe ich nirgends auch nur ein Kind spielen sehen.

„In den ganzen sogenannte­n Spielstraß­en habe ich nirgends auch nur ein Kind spielen sehen“,

 ??  ??
 ??  ?? Angesichts der vielen aufeinande­rfolgenden Tempolimit­s verlieren Autofahrer in Aalen schnell den Durchblick.
Angesichts der vielen aufeinande­rfolgenden Tempolimit­s verlieren Autofahrer in Aalen schnell den Durchblick.
 ?? FOTOS: ECHARD SCHEIDERER ??
FOTOS: ECHARD SCHEIDERER

Newspapers in German

Newspapers from Germany