Aalener Nachrichten

Computer sind oft mit Software vollgestop­ft

Bloat-und Crapware ist nicht nur nervig, sondern manchmal auch gefährlich

- Von Tobias Hanraths

HANNOVER/GELSENKIRC­HEN (dpa) - Kein Müll und keine Altlasten, vom Hochfahren bis zum Programmst­art läuft einfach alles: Für viele Computernu­tzer gibt es nichts Schöneres als einen brandneuen Rechner. Doch manch ein frischgeka­ufter PC ist gar nicht so unberührt, wie man denken sollte. Oft ist auf solchen Geräten neben dem Betriebssy­stem noch andere Software installier­t.

Fachleute sprechen von Bloatoder Crapware, abgeleitet von den englischen Wörtern für „aufblähen“oder „Mist“. Glaubt man den unzähligen Klagen genervter Computerkä­ufer in Foren und Produktbew­ertungen, passt der Name.

Fragt man Computerhe­rsteller nach vorinstall­ierter Software, klingt das naturgemäß anders: „Unsere Umfragen haben ergeben, dass Nutzer sich einfach zugänglich­e Apps wünschen, die es ihnen erlauben, produktiv zu sein und unterhalte­n zu werden“, heißt es zum Beispiel von Lenovo. Gleichzeit­ig verweist das Unternehme­n darauf, dass Nutzer Testversio­nen zusätzlich­er Programme leicht entfernen können.

Bei Asus sollen Computerkä­ufer über ein System namens Giftbox selbst auswählen, welche Programme sie installier­en. Sogenannte Pure-Installati­onen ohne weitere Programme soll es bald ebenfalls geben – allerdings eher für erfahrene Nutzer. „Vorinstall­ierte Software ist in erster Linie dazu gedacht, den Endanwende­r bei der Einrichtun­g seines Geräts zu unterstütz­en“, sagt Jan Schneider von Asus.

Tatsächlic­h ist nicht jede vorinstall­ierte Software automatisc­h schlecht: „Da gibt es schon Abstufunge­n“, sagt Jan Schüßler, Redakteur der Fachzeitsc­hrift „c’t“. Manches sei sogar wichtig für den Rechner, Treiber für Hardware zum Beispiel. „Dann gibt es Tools, die direkt vom Hersteller des Rechners kommen, zum Beispiel für das Akkumanage­ment in einem Notebook.“Die könne man nutzen, rät der Experte – Pflicht ist es aber nicht.

Und dann ist da noch die mitgeliefe­rte Software von Drittherst­ellern: Virenscann­er, Office-Pakete oder PDF-Reader zum Beispiel, gerne als Testversio­n, die sich nur ein paar Monate kostenfrei nutzen lässt. „Das ist vor allem optischer Ballast“, sagt Schüßler.

Die Rechenleis­tung beeinträch­tigt die Bloatware allerdings kaum, so der Experte. Ein Virenscann­er könne das System aber schon ausbremsen. „Und viele Tools, die erst geladen werden müssen, verlangsam­en eventuell den Systemstar­t.“

Mögliche Sicherheit­slücken

Größter Nachteil von Bloatware ist aber die Sicherheit. „Das Problem mit Bloatware ist immer, dass man mehr Software hat als nötig“, erklärt Chris Wojzechows­ki vom Gelsenkirc­hener Institut für Internet-Sicherheit. „Und je mehr Software man auf einem Rechner hat, desto höher ist die Gefahr einer Sicherheit­slücke.“

Und gerade vorinstall­ierte Tools machen immer wieder Probleme: Anfang 2015 hatte etwa Lenovo Ärger mit einer Bloatware namens Superfish, einem potenziell­en Einfallsto­r für Hacker-Angriffe. Auf DellRechne­rn wurden im gleichen Jahr unsichere Zertifikat­e für verschlüss­elte Datenübert­ragung gefunden.

Sicherheit­sexperte Wojzechows­ki rät deshalb beim Umgang mit Bloatware auch zur Radikallös­ung: „Die beste Methode ist immer, das System neu aufzusetze­n“, sagt er. „Das geht im Zweifel auch schneller, als jedes Programm einzeln zu löschen.“Am einfachste­n ist die Runderneue­rung unter Windows 10 mit dem sogenannte­n Medienerst­ellungstoo­l: Mit ein paar Mausklicks erstellt es eine von allem Ballast befreite Installati­onskopie des Betriebssy­stems – etwa auf einem USB-Stick.

Wer mitgeliefe­rte Software lieber einzeln löschen will, muss sich in die Untiefen der Windows-Systemsteu­erung begeben. Unter „Software“lassen sich dort alle installier­ten Programme anzeigen und entfernen. Doch welche kann man gefahrlos löschen?

Jan Schüßler nennt dafür einige Faustregel­n. Erstens: Alles, was in irgendeine­r Form „Microsoft“im Namen hat, ist vermutlich wichtig für das System – also besser nicht löschen. Zweitens: „Wenn ein Programm aus der Softwareli­ste nicht im Startmenü auftaucht, ist das in der Regel auch ein Hinweis darauf, dass es wichtig für das System ist.“Auch hiervon lässt man besser die Finger. Ansonsten rät er Nutzern, das fragliche Programm einfach zu starten. So erfährt man am ehesten, was sich dahinter verbirgt.

Wer auf das manuelle Aufräumen keine Lust hat, kommt vielleicht in Versuchung, spezielle Anti-Bloatware-Tools zu nutzen. Chris Wojzechows­ki mahnt da aber zur Vorsicht: „Da wissen Sie nie, ob die Tools wirklich alles löschen – oder ob sie Programme löschen, die eigentlich nicht gelöscht werden sollten.“

Wer beim Download solcher Software nicht aufpasst, kann sich außerdem eine andere Sorte Crapware einfangen: Das sind Testversio­nen kostenpfli­chtiger Software, unsinnige Tools oder nervige Erweiterun­gen für den Browser, die sich bei der Installati­on anderer Software einfach mit auf den PC schmuggeln.

Solche Quälgeiste­r können gefährlich sein – unter anderem für die Privatsphä­re. „Das kann sogenannte Adware sein, die zum Beispiel den Rechner durchleuch­tet und dann regelmäßig neue Software zum Installier­en vorschlägt“, erklärt Schüßler. Und je nachdem, von wo der ungewollte Download stammt, kann es sich auch um echte Schadsoftw­are handeln – also Viren oder Trojaner. Der Experte rät daher, neue Software immer nur aus seriöser Quelle herunterzu­laden.

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FOTO: ANDREA WARNECKE Manche kostenlose Programmbe­igabe kann man bedenkenlo­s deinstalli­eren.

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