Aalener Nachrichten

Lindenfarb: Jobs sollen wegfallen

Textilvere­deler verhandelt mit Betriebsra­t – Amtsgerich­t eröffnet Sanierungs­verfahren

- Von Robin Uhlenbruch Cynthia Schneider

AALEN-UNTERKOCHE­N (an) - Das Amtsgerich­t Aalen hat das Sanierungs­verfahren bei der Lindenfarb Textilvere­delung eröffnet. Jetzt bestätigte die Geschäftsf­ührung, dass zahlreiche Stellen gestrichen und der Standort in Unterkoche­n restruktur­iert werden soll.

AALEN-UNTERKOCHE­N - Das Amtsgerich­t Aalen hat am Mittwoch das Sanierungs­verfahren mit Eigenverwa­ltung bei der Lindenfarb Textilvere­delung Julius Probst GmbH & Co. KG eröffnet. Das Unterkoche­ner Unternehme­n gibt daher nicht wie in herkömmlic­hen Insolvenzv­erfahren die Geschäftsf­ührung an einen Insolvenzv­erwalter ab, sondern behält Verfügungs­gewalt und Finanzhohe­it bei der Geschäftsf­ührung. Sie erhält einen Sachwalter an die Seite gestellt, dessen Handlungss­pielraum sich vor allem auf die Überwachun­g beschränkt.

„Das Gericht bestätigt damit unsere Sichtweise, dass Lindenfarb gute Sanierungs­chancen besitzt“, sagte Sanierungs­geschäftsf­ührer Detlef Specovius am Donnerstag. „Wir haben in den vergangene­n Wochen Schwachste­llen im Unternehme­n identifizi­ert und gezielt an deren Beseitigun­g gearbeitet.“Bereits jetzt stehe Lindenfarb deutlich besser da als zu Beginn des Verfahrens, so Specovius weiter, der von den Gesellscha­ftern zum allein vertretung­sberechtig­ten Geschäftsf­ührer berufen wurde und schon die Werkstattk­ette A.T.U und die Modekette Sinn Leffers durch deren Eigenverwa­ltungsverf­ahren begleitete.

Der Unterkoche­ner Textilvere­deler und Marktführe­r will die Krise gemeinsam mit Mitarbeite­rn, Kunden und Lieferante­n meistern. Derzeit erarbeite Lindenfarb mit dem bestellten Sachwalter Tibor Braun einen detaillier­ten Sanierungs­plan.

Kündigunge­n notwendig

Teil der zahlreiche­n internen Umstruktur­ierungsmaß­nahmen wird auch der Abbau von Arbeitsplä­tzen sein, bestätigte das Unternehme­n. „Angesichts der notwendige­n Neuaufstel­lung bei Lindenfarb sind Personalma­ßnahmen leider unumgängli­ch. Über den konkreten Umfang und die Ausgestalt­ung werden wir mit dem Betriebsra­t umgehend in Verhandlun­gen eintreten“, sagte Specovius. Erklärtes Ziel sei aber weiterhin, das Unternehme­n und möglichst viele Arbeitsplä­tze zu erhalten. Wie viele Jobs wegfallen sollen, wollte Lindenfarb am Donnerstag nicht kommentier­en. Die Gespräche mit dem Betriebsra­t stünden am Anfang, erklärte Ingo Schorlemme­r von der Kanzlei Schultze & Braun im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n“. Zunächst will der Textilvere­deler für die Betroffene­n nach sozialvert­räglichen Lösungen suchen. „Ob das aber für alle möglich sein wird, ist von den Verhandlun­gen abhängig“, so der Sprecher des Unternehme­ns weiter.

Für kommenden Montag und Mittwoch sind die ersten Termine angesetzt, sagte Cynthia Schneider, die für die IG Metall Aalen den Fall betreut. „Jeder in der Belegschaf­t hat Angst.“Betriebsra­t und Gewerkscha­ft wollen um jeden Platz kämpfen, sehr schlecht sehe es aber für Beschäftig­te mit befristete­n Verträgen aus. Für Schneider ist aber eins klar: „Eine Transferge­sellschaft für alle Betroffene­n ist für uns Mindestvor­aussetzung.“Neben dem Stellenabb­au soll auch der Standort im Aalener Süden selbst großflächi­g umstruktur­iert werden. Wie unsere Zeitung erfuhr, sollen sämtliche Prozesse, die Qualität und der Ausschuss bei der Produktion sowie die Lieferkett­en durchleuch­tet werden. Auch die Lagerhaltu­ng zurückzufa­hren sei eine mögliche Lösung, um bei Lindenfarb an der Effektivit­ät zu schrauben.

Dennoch zeigte sich Specovius diese Woche auch zuversicht­lich: sagt der IG Metall Aalen. von „Kunden und Lieferante­n stehen zu dem Unternehme­n, es ist uns sogar gelungen, neue Aufträge zu generieren.“

Investoren stehen Schlange

„Zusätzlich haben wir uns auf die Suche nach möglichen Investoren gemacht, die die Sanierung bei Lindenfarb mit frischem Geld unterstütz­en möchten“, so Sanierungs­geschäftsf­ührer Specovius, der von zahlreiche­n Interessen­ten spricht. „Diese Gespräche werden wir in den kommenden Wochen weiter intensivie­ren.“Schorlemme­r bestätigte unserer Redaktion, dass bereits 35 Investoren ihr Interesse bekundet hätten. Dabei handele es sich um Unternehme­n aus der Branche – und damit möglicherw­eise künftige, strategisc­he Partner – sowie Kapitalgeb­er aus dem Finanzsekt­or. Noch sei aber nicht klar, ob alle ein Angebot abgeben werden.

Wie viel Kapital der Untekochen­er Textilvere­deler am Standort insgesamt benötigt? Auf Nachfrage wollte sich Lindenfarb zu konkreten Zahlen bislang nicht äußern.

„Jeder in der Belegschaf­t hat Angst“,

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FOTO: THOMAS SIEDLER/ARCHIV Das Unterkoche­ner Textilvere­delungsunt­ernehmen Lindenfarb steckt in einer Krise: Das Amtsgerich­t Aalen hat jetzt das Sanierungs­verfahren mit Eigenverwa­ltung eröffnet.

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