Lindenfarb: Jobs sollen wegfallen
Textilveredeler verhandelt mit Betriebsrat – Amtsgericht eröffnet Sanierungsverfahren
AALEN-UNTERKOCHEN (an) - Das Amtsgericht Aalen hat das Sanierungsverfahren bei der Lindenfarb Textilveredelung eröffnet. Jetzt bestätigte die Geschäftsführung, dass zahlreiche Stellen gestrichen und der Standort in Unterkochen restrukturiert werden soll.
AALEN-UNTERKOCHEN - Das Amtsgericht Aalen hat am Mittwoch das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung bei der Lindenfarb Textilveredelung Julius Probst GmbH & Co. KG eröffnet. Das Unterkochener Unternehmen gibt daher nicht wie in herkömmlichen Insolvenzverfahren die Geschäftsführung an einen Insolvenzverwalter ab, sondern behält Verfügungsgewalt und Finanzhoheit bei der Geschäftsführung. Sie erhält einen Sachwalter an die Seite gestellt, dessen Handlungsspielraum sich vor allem auf die Überwachung beschränkt.
„Das Gericht bestätigt damit unsere Sichtweise, dass Lindenfarb gute Sanierungschancen besitzt“, sagte Sanierungsgeschäftsführer Detlef Specovius am Donnerstag. „Wir haben in den vergangenen Wochen Schwachstellen im Unternehmen identifiziert und gezielt an deren Beseitigung gearbeitet.“Bereits jetzt stehe Lindenfarb deutlich besser da als zu Beginn des Verfahrens, so Specovius weiter, der von den Gesellschaftern zum allein vertretungsberechtigten Geschäftsführer berufen wurde und schon die Werkstattkette A.T.U und die Modekette Sinn Leffers durch deren Eigenverwaltungsverfahren begleitete.
Der Unterkochener Textilveredeler und Marktführer will die Krise gemeinsam mit Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten meistern. Derzeit erarbeite Lindenfarb mit dem bestellten Sachwalter Tibor Braun einen detaillierten Sanierungsplan.
Kündigungen notwendig
Teil der zahlreichen internen Umstrukturierungsmaßnahmen wird auch der Abbau von Arbeitsplätzen sein, bestätigte das Unternehmen. „Angesichts der notwendigen Neuaufstellung bei Lindenfarb sind Personalmaßnahmen leider unumgänglich. Über den konkreten Umfang und die Ausgestaltung werden wir mit dem Betriebsrat umgehend in Verhandlungen eintreten“, sagte Specovius. Erklärtes Ziel sei aber weiterhin, das Unternehmen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Wie viele Jobs wegfallen sollen, wollte Lindenfarb am Donnerstag nicht kommentieren. Die Gespräche mit dem Betriebsrat stünden am Anfang, erklärte Ingo Schorlemmer von der Kanzlei Schultze & Braun im Gespräch mit den „Aalener Nachrichten“. Zunächst will der Textilveredeler für die Betroffenen nach sozialverträglichen Lösungen suchen. „Ob das aber für alle möglich sein wird, ist von den Verhandlungen abhängig“, so der Sprecher des Unternehmens weiter.
Für kommenden Montag und Mittwoch sind die ersten Termine angesetzt, sagte Cynthia Schneider, die für die IG Metall Aalen den Fall betreut. „Jeder in der Belegschaft hat Angst.“Betriebsrat und Gewerkschaft wollen um jeden Platz kämpfen, sehr schlecht sehe es aber für Beschäftigte mit befristeten Verträgen aus. Für Schneider ist aber eins klar: „Eine Transfergesellschaft für alle Betroffenen ist für uns Mindestvoraussetzung.“Neben dem Stellenabbau soll auch der Standort im Aalener Süden selbst großflächig umstrukturiert werden. Wie unsere Zeitung erfuhr, sollen sämtliche Prozesse, die Qualität und der Ausschuss bei der Produktion sowie die Lieferketten durchleuchtet werden. Auch die Lagerhaltung zurückzufahren sei eine mögliche Lösung, um bei Lindenfarb an der Effektivität zu schrauben.
Dennoch zeigte sich Specovius diese Woche auch zuversichtlich: sagt der IG Metall Aalen. von „Kunden und Lieferanten stehen zu dem Unternehmen, es ist uns sogar gelungen, neue Aufträge zu generieren.“
Investoren stehen Schlange
„Zusätzlich haben wir uns auf die Suche nach möglichen Investoren gemacht, die die Sanierung bei Lindenfarb mit frischem Geld unterstützen möchten“, so Sanierungsgeschäftsführer Specovius, der von zahlreichen Interessenten spricht. „Diese Gespräche werden wir in den kommenden Wochen weiter intensivieren.“Schorlemmer bestätigte unserer Redaktion, dass bereits 35 Investoren ihr Interesse bekundet hätten. Dabei handele es sich um Unternehmen aus der Branche – und damit möglicherweise künftige, strategische Partner – sowie Kapitalgeber aus dem Finanzsektor. Noch sei aber nicht klar, ob alle ein Angebot abgeben werden.
Wie viel Kapital der Untekochener Textilveredeler am Standort insgesamt benötigt? Auf Nachfrage wollte sich Lindenfarb zu konkreten Zahlen bislang nicht äußern.
„Jeder in der Belegschaft hat Angst“,