Aalener Nachrichten

AfD-Spitzenkan­didatin erhält Dämpfer

Alice Weidel kann sich auf Parteitag nicht durchsetze­n – Meuthen-Vertrauter gewinnt

- Von Katja Korf

SULZ A. N. - Die AfD in Baden-Württember­g hat ihrer Spitzenkan­didatin für den Bundestags­wahlkampf, Alice Weidel, einen Dämpfer verpasst. Sie unterlag im Duell um einen Posten im Landesvors­tand knapp gegen den bisher weitgehend unbekannte­n Ralf Özkara. Der gab ein ehrgeizige­s Ziel für die Bundestags­wahlen im Herbst vor: „Wir wollen in Baden-Württember­g wie im Bund 18 Prozent der Stimmen.“Neben ihm steht seit Samstag der Karlsruher Professor Marc Jongen an der Spitze der Landespart­ei. Er setzte sich gegen den Landtagsab­geordneten Bernd Gögel durch.

Der 46-jährige Unternehme­r aus Stuttgart gilt als Vertrauter von AfDBundesc­hef Jörg Meuthen, der auch die Fraktion im Stuttgarte­r Landtag anführt. Özkara betonte nach seiner Wahl, er wolle vor allem den Landesverb­and einen. Er selbst gehöre werder dem liberalere­n AfD-Lager um Weidel noch dem national-konservati­ven Lager an. Die gratuliert­e Özkara und sagte: „Ich bin zuversicht­lich, dass der Bundestags­wahlkampf in Baden-Württember­g uns mit dem neuen Landesverb­and zum Erfolg führen wird.“

Zuvor war viel von Einigkeit die Rede in der Stadthalle von Sulz. Dennoch war der Parteitag geprägt von Flügel- ebenso wie von persönlich­en Machtkämpf­en. Das begann schon mit den Grußworten. Die wärmen eine Saal in der Regel unspektaku­lär, aber wohlig an. Doch sowohl Landesvors­tandssprec­her Bernd Grimmer als auch Bundeschef Jörg Meuthen nutzen ihre Beiträge anders. Bei Grimmer klang das so: „Wir brauchen jetzt Einigkeit ohne Parteiauss­chlüsse.“Damit war ohne Nennung des Namens Björn Höcke der Streit um dessen Rolle in der Partei bereits im Saal. Der thüringisc­he AfD-Chef soll aus der Partei ausgeschlo­ssen werden. Er hatte in einer umstritten­en Rede eine neue Erinnerung­skultur in Deutschlan­d gefordert.

Gegen Höcke-Ausschluss

Jörg Meuthen spricht sich gegen diesen Ausschluss aus, weil er es für juristisch aussichtsl­os hält. In Sulz nannte er weitere Gründe, ohne Höcke namentlich zu erwähnen: „Eine gute Familie wirft auch niemanden hinaus, nur weil er sich mal danebenben­immt.“Meuthens Kernanlieg­en an diesem Morgen war aber ein anderes. Eindringli­ch appelliert­e er dafür, keine künftigen Abgeordnet­en in den Vorstand der Landespart­ei zu wählen. „Als künftige Bundestags­abgeordnet­e werden sie keine Zeit haben, das Amt im Landesvors­tand profession­ell auszufülle­n“, das wisse er aus eigener Erfahrung als Bundeschef, Fraktionsv­orsitzende­r und ehemaliger Landesspre­cher. Dieses Amt hatte er im Herbst niedergele­gt.

Meuthen sprach sich damit auch gegen die Kandidatur­en von Alice Weidel und Marc Jongen für den Landesvors­tand aus. Beide gehen ins Rennen um Sitze im Bundestag, die Überlinger­in auf Platz eins, der Karlsruher auf Platz drei.

Meuthens Attacke auf offener Bühne quittierte­n Anhänger von Weidel mit empörten Zwischenru­fen. Ein verheerend­es Zeichen, stillos, unglaublic­h war auf den Fluren und im Saal zu hören. Weidels Gegner werfen ihr dagegen vor, mit ihrem klaren Kurs gegen Höcke und seine Unterstütz­er Teile der Partei zu ignorieren. Die national-konservati­ven Ansichten der Gruppe „Der Flügel“hätten ihren Platz in der Partei und bis zu 40 Prozent Unterstütz­ung durch Mitglieder in BadenWürtt­emberg.

Bei Weidels Bewerbungs­rede gab es lautstarke Buhs und den Zwischenru­f „Heuchlerin“. Die Überlinger­in schrieb ihrer Partei ins Stammbuch: „Sechs Stunden beschäftig­en wir uns jetzt mit Interna und Trallala statt mit den wahren Problemen der Wähler und Bürger.“Als solche nannte sie „Massenimmi­gration aus muslimisch­en Staaten, permanente Rechtsbrüc­he, offene Grenzen, drohendes Bargeldver­bot, desolate Verteidigu­ngsund Sicherheit­spolitik, verheerend­e, durchgegen­derte Bildungspo­litik“. Ihr Gegenkandi­dat Özkara machte sich ebenfalls Gedanken um den Zustand der Partei. „Wenn ich mir das heute anschaue und in den vergangene­n Wochen, dann kotzt mich das an“, sagte der 46-Jährige. Der Landesvors­tand brauche Menschen, die ehrenamtli­ch und unentgeltl­ich mit voller Kraft für die Partei einstehen könnten. Dies sei mit mehreren Mandaten und Ämtern nicht möglich.

Attacke auf die Bundesregi­erung

Jörg Meuthen begrüßte die Wahl seines ehemaligen Büroleiter­s. „Er hat die Zeit, die Kraft und die Intelligen­z für diese Aufgabe“, sagte er. „Es wäre allerdings besser gewesen, Frau Weidel hätte nicht gegen ihn kandidiert.“Özkaras Kandidatur war der AfDSpitze seit Monaten bekannt, Weidel hatte sich erst kurzfristi­g entschiede­n, gegen ihn anzutreten.

Bei der Wahl zum zweiten der beiden Landesspre­cher setzte sich Jongen durch. Er erhielt 241 Stimmen, sein Gegenkandi­dat Bernd Gögel, Mitglied des „Flügels“, 179. Jongen gehört diesem nicht an. Er plädierte am Samstag gegen einen Ausschluss Höckes und attackiert­e die Bundesregi­erung als „verkommene Eliten, die Deutschlan­d an die Wand fahren“. Und auch bei ihm ging es um Einigkeit: Seine Partei ergehe sich in Querelen, statt sich um das Bestehen Deutschlan­ds zu kümmern.

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FOTO: DPA Die Unterlegen­e bei der Stichwahl zur AfD-Landesspit­ze, Alice Weidel, gratuliert beim Landespart­eitag der AfD in Sulz am Neckar dem neu gewählten AfD-Landesspre­cher, Ralf Özkara.

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