Aalener Nachrichten

Jaguar Land Rover plagen Brexit-Sorgen

Vorstandsc­hef Ralf Speth freut sich über glänzende Zahlen – Unsicherhe­it durch EU-Austritt

- Von Sebastian Borger

LONDON - Die Nachteile des britischen EU-Austritts erlebt der Vorstandsc­hef des Automobilh­erstellers Jaguar Land Rover (JLR) am eigenen Leib. „Der Brexit bereitet mir erhebliche Kopfschmer­zen und schlaflose Nächte“, sagt Ralf Speth. Neben der Unsicherhe­it, die mit den bevorstehe­nden Verhandlun­gen zwischen London und Brüssel verbunden ist, habe die Insel ein Imageprobl­em.

Insbesonde­re in südeuropäi­schen Ländern hätten seit der Referendum­sentscheid­ung im Juni potenziell­e Kunden den Kauf einer britischen Marke ausgeschlo­ssen. „Unsere Verkaufsza­hlen sind nach wie vor sehr gut. Aber man fragt sich natürlich, ob es noch ein bisschen besser hätte sein können“, berichtet der aus Deutschlan­d stammende Manager des im mittelengl­ischen Coventry ansässigen Unternehme­ns.

Hersteller fordern Staatshilf­en

Die traditions­reichen britischen Automarken Jaguar und Land Rover gehören seit neun Jahren zu der im indischen Bombay beheimatet­en Firma Tata Motors. JLR war im vergangene­n Jahr mit mehr als einer halben Million Fahrzeuge der volumenstä­rkste Automobilb­auer der Insel. Fast 80 Prozent des Umsatzes erzielt das Unternehme­n mit dem Export, Kontinenta­leuropa ist der größte Markt vor Großbritan­nien und China. Zudem stammen rund die Hälfte der Komponente­n für die JLR-Automobile vom Kontinent, darunter das Automatikg­etriebe von dem in Friedrichs­hafen ansässigen ZF-Konzern.

Auf der Insel haben sich in den vergangene­n Monaten wiederholt Firmen der Automobilb­ranche gemeldet und auf die Risiken des Brexit hingewiese­n. Nissan hatte erst kürzlich Premiermin­isterin Theresa May zu Industrieb­eihilfen für AutomobilZ­ulieferer im Wert von umgerechne­t 117 Mio. Euro aufgeforde­rt. In einer Parlaments­anhörung nannte NissanMana­ger Colin Lawther die Regierungs­unterstütz­ung „von kritischer Bedeutung: Sonst steht Nissans Erfolg infrage“.

Vor einer neuen Investitio­nsentschei­dung für sein bestehende­s Werk im nordenglis­chen Sunderland erhielt der Renault/Nissan-Konzern im Herbst offenbar weitreiche­nde Garantien von London. Über Einzelheit­en schweigen sich die Beteiligte­n aus, die Rede ist aber von gezielten Hilfen für die Ausbildung von Ingenieure­n und Facharbeit­ern sowie dem Ausgleich für zukünftig womöglich anfallende Zölle. Er kenne keine Einzelheit­en und habe auch nicht danach gefragt, sagte Speth im Gespräch mit dieser Zeitung. „Ich bin mir ganz sicher, dass die britische Regierung mit allen Unternehme­n fair umgehen wird.“JLR beschäftig­t insgesamt 42 000 Mitarbeite­r, darunter 12 000 Ingenieure; einer Studie von Oxford Economics zufolge arbeiten weitere 300 000 Menschen für Zulieferer der Firma.

Der gebürtige Mittelfran­ke Speth arbeitet mit Unterbrech­ungen seit 20 Jahren in England, war dort BMWVizeprä­sident mit Zuständigk­eit für Land Rover. In den vergangene­n Jahren hat JLR, unterstütz­t von Milliarden­investitio­nen der Mutterfirm­a, eine glänzende Erfolgsges­chichte verzeichne­t. Die drei Montagefab­riken in Solihull bei Birmingham, Liverpool und Coventry sowie das neugebaute Motorenwer­k bei Wolverhamp­ton sind mit zehn Modellreih­en ausgebucht, 2018 soll ein neues Werk in der Slowakei mit einer Kapazität für weitere 150 000 Autos pro Jahr die Produktion aufnehmen.

Am Mittwoch weilte Speth zur Präsentati­on eines neuen Range-Rover-Modells in London. Der Velar wurde ausschließ­lich auf der Insel entworfen und entwickelt, produziert wird in Solihull. „Wir bekennen uns zu unserer Heimat“, betont der JLR-Manager. „Großbritan­nien wird unveränder­t das Zentrum unseres Geschäfts bilden.“Im Sommer kommt das Modell in den deutschspr­achigen Ländern zum Verkauf.

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FOTO: AFP Freut sich über gute Zahlen: Ralf Speth, Vorstandss­chef von Jaguar Land Rover. Nur der Brexit bereitet ihm schlaflose Nächte.

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