Und noch ein Zwischenfall beim Rio-Karneval
Schussverletzter bei Siegerparade – Nach den schweren Unfällen sollen Sicherheitsmaßnahmen verbessert werden
RIO DE JANEIRO (dpa) - Beim Karneval in Rio hat es nach schweren Unfällen in den Tagen zuvor jetzt auch bei der Siegerparade der besten sechs Sambaschulen einen Zwischenfall gegeben. Beim Einmarsch der siegreichen Schule Portela wurde am Sonntagmorgen am Ende des Defilees ein Mann angeschossen. Es sei zu einem Handgemenge im Sambódromo gekommen, ein Mann habe eine Pistole gezogen, berichtete das Portal „O Globo“. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde wurde der Verletzte in eine Klinik gebracht, sein Zustand sei stabil.
Der Karneval in Rio ist ein Festival der Superlative, die bunten Bilder gehen seit Jahren um den Globus. Der Anspruch lautet, das „größte Spektakel der Welt“zu liefern. Doch ist alles zu groß geworden? Bis zu 18 Meter sind die Wagen hoch, gekrönt von Drachen, Adlern und Fabelwesen, die sich bewegen. In diesem Jahr kam es an gleich zwei Tagen zu Unglücken. Die beispiellose Pannenbilanz der Karnevalswoche: 32 Verletzte, viele Knochenbrüche und Quetschungen, auf Tragen abtransportierte Sambatänzerinnen.
„Der Karneval ist immer größer geworden, aber die Sicherheitsmaßnahmen haben damit nicht Schritt gehalten“, meint der für die Kontrolle von Großevents zuständige Staatsanwalt Marcio Guimaraes. Erst verlor ein Wagen der Sambaschule „Paraíso do Tuiuti“die Kontrolle und fuhr in eine Menschenmenge. Dann brach ein Wagen von „Unidos da Tijuca“zusammen. Bei dem Gefährt von „Mocidade“, der ein Seeungeheuer darstellte, stürzten Teile herab, Tänzer fielen herunter. Und ein Wagen der Schule „União da Ilha“geriet ins Schlingern und fuhr gegen ein Gebäude.
Zu langes Stehenbleiben kostet Punkte – deswegen wurde der Wagen von „Paraíso do Tuiuti“aus der Menge von Helfern herausgeschoben und fuhr weiter, zurück blieben blutende Menschen. Es gab Probleme mit einem Reifen, zudem war der Fahrer noch nie so ein Ungetüm gefahren. Die Zuschauer im 72 000 fassenden, 700 Meter langen Sambodrom, die vorne saßen, bekamen zunächst nichts davon mit.
Trotz der Unfälle hieß es einfach: The show must go on. Der Karneval ist ein Millionengeschäft. Es geht um viel Prestige und Geld, der Wettstreit der Sambaschulen ist beinhart. In der Liga der zwölf Besten, der Grupo Especial, dabei zu sein, verspricht Ruhm und Ehre, die bekanntesten Tänzerinnen sind immer Thema für die Klatschspalten. Tickets für Stadionplätze kosten außerdem zum Teil 200 Euro, Fernsehsender übertragen live, mehr als eine Million Touristen sind in der Stadt.
Der Spardruck ist groß
Doch wie Mehltau liegt die wirtschaftliche Krise über Land und Stadt, und der Spardruck ist auch beim Karneval groß. Nun fragen sich viele: Wurde auch bei der Sicherheit gespart? Es ist schon verwunderlich, dass der Chef des für Sicherheitsprüfungen zuständigen Instituts Inmetro, Carlos Augusto de Azevedo, sagt, es gäbe bisher keine verbindliche Abnahme für die Karnevalswagen, also keinen TÜV für die Wagen. Die soll von 2018 an für alle Gefährte verbindlich werden. „Wir können nicht mehr höflich darauf warten, ob sie unsere Einladung für eine Prüfung annehmen“, sagte de Azevedo der Zeitung „O Globo“.
Um keine Schule nach den Unfällen zu bestrafen, gibt es 2018 übrigens ein Novum: Es dürfen 13 statt 12 Schulen in der Topliga antreten, da heuer niemand absteigen muss. Dafür gibt es 2018 zwei Absteiger.