Das vernetzte Zuhause
Ferngesteuerte Geräte sind praktisch, bringen aber auch Sicherheitslücken mit sich
Mit der App die Waschmaschine anwerfen, der Sprachassistent kontrolliert die Raumtemperatur, die digitale Alarmanlage schreckt Einbrecher ab: Das smarte Zuhause ist praktisch, doch birgt auch Sicherheitslücken.
Seinen Rasen lässt Bernhard Rohleder aus der Ferne mähen. Per Smartphone weist er das Gerät an, auf welche Höhe das Gras in seinem Garten gestutzt werden soll. „Ein Männerspielzeug“, sagt Rohleder, der Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands Bitkom ist, über den vernetzten Rasenmäher.
Das ferngesteuerte Gerät ist nur ein Beispiel auf dem Markt für „Smart-Home-Anwendungen“. Alarmanlagen mit Videoüberwachung, Türen und Fenster, Wasserkocher, Heizungsanlage und Garagentor lassen sich online per App, per Sprachassistent steuern und vernetzen. Sensoren in Teppichen reagieren auf Stürze. Badspiegel, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind, erinnern Demenzkranke an einfache Tätigkeiten im Badezimmer. Für Rohleder wird das smarte Zuhause künftig das „Herzstück in der digitalen Welt“sein. Ein „Selbstläufer“werde die Technologie aber nicht, sagt er. Sie braucht besonderes Vertrauen.
Angst um Daten
Warum zeigt eine Studie des Branchenverbands. Rund ein Drittel der Bevölkerung nutzt bisher die vernetzte Haustechnik. 60 Prozent der Verbraucher wollen ihre Häuser und Wohnungen mit der neuen Technologie vor Einbrechern schützen. 57 Prozent erhoffen sich mehr Komfort und Lebensqualität, jeder Zweite möchte seinen Energieverbrauch senken und Geld sparen. Aber was viele Verbraucher abschreckt ist die aus ihrer Sicht aufwendige Installation. Und die Angst um ihre Daten. Laut Studie fürchten sich 22 Prozent der Befragten vor Hacker-Angriffen, 19 Prozent sorgen sich um ihre Privatsphäre. 15 Prozent schließen nicht aus, dass ihre persönlichen Daten missbraucht werden. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will den Nutzern diese Angst nehmen und mahnt Hersteller an, die Datenschutzgrundverordnung einzuhalten. Welche Daten fallen an und müssen zwingend gesammelt werden? Bleiben die Informationen anonym? Was passiert mit den Daten, wenn sie nicht mehr gebraucht werden? Viele Fragen klärten sich über Datenschutzgesetze, sagt der Minister. Neue Gesetze hält er derzeit deshalb nicht für nötig. Man stehe bei der Technologie noch ganz am Anfang, sagt der SPD-Politiker.
Laut Bitkom-Hauptgeschäftsführer Rohleder haben die Landeskriminalämter bisher noch keinen Fall registriert, bei dem Kriminelle sich unerlaubt Zugriff auf Smart-Home-Anwendungen verschafft haben. Aber die Gefahr ist groß. Nicht nur ITSpezialisten bieten die digitale Technik für Zuhause an. Hersteller von Kaffeemaschinen, Waschmaschinen, Garagentoren sind eingestiegen. Hinzu kommen Energieversorger. Rohleder appelliert an die Hersteller für ihre Angebote Sicherheits-Updates anzubieten – und zwar langfristig. Finden die Verbraucher diesen Hinweis nicht in der Produktbeschreibung, sollten sie das Produkt nicht kaufen, sagt Rohleder.
Die digitale Wohnwelt freut bequeme Verbraucher, sie sorgt vielleicht auch für mehr Sicherheit, wenn Bewegungsmelder und Alarmanlage Einbrecher abschrecken. Aber spart sie auch Energie und damit Geld für Heiz-und Stromkosten? Johanna Kardel vom Verbraucherzentrale Bundesverband ist skeptisch.
Hilfe beim Energiesparen
„Wer auch ohne smarte Haustechnik energiesparend gelebt hat, der wird durch die neue Technologie kaum mehr Geld sparen“, sagt die Verbraucherschützerin. Ein Beispiel sind die smarten Thermometer. Manche Anbieter werben mit Einsparungen von bis zu 30 Prozent. Diesen Effekt spüren Kardel zufolge vor allem die, die zuvor kaum die Heizung reguliert haben.
Auch die Verbraucherschützerin sieht den Umgang mit den gesammelten Daten problematisch. Zwar müssen die Kunden eine Einwilligungserklärung abgeben. Aber Kardel bezweifelt, dass die meisten Nutzer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und verstanden haben. „Die Hersteller müssen dafür sorgen, dass die Regelungen transparent und eindeutig sind“, sagt sie.
Gesetzgeber und Anbieter sollten jetzt über Vorschläge für mehr Transparenz beraten. Denn: Künftig werden die Verbraucher wohl nur schwer ein Gerät finden, das nicht mit dem Internet vernetzt werden kann. Bei TV-Geräten ist das bereits der Fall. Doch wie sollen die Verbraucher wissen, ob ihre Daten sicher sind? Die Konferenz der Verbraucherschutzminister von Bund und Ländern hat vor Kurzem über eine Art Ampel-System nachgedacht. Rot steht für Datensauger, Grün für eine datenarme Nutzung der Geräte. Bisher blieb es jedoch bei der Idee. Auch ein Siegel, das Datensicherheit bescheinigt, könnte helfen. Da die meisten Technik-Hersteller international im Geschäft sind, wird die Einführung eines gemeinsamen Labels wohl schwierig, vermuten Experten. Eine Zertifizierung, die nur für Deutschland gilt, mache wenig Sinn.