Aalener Nachrichten

Kryptonit vom Bodensee

Friedrichs­hafen triumphier­t nach einem irren Comeback wieder gegen die Berlin Volleys

- Von Filippo Cataldo

FRIEDRICHS­HAFEN - Andrea Giani musste natürlich neutral sein, als Volleyball-Bundestrai­ner ist dies beim Besuch eines Bundesliga­spiels Pflicht. Doch irgendwann in diesem irren fünften Satz hoben sich die Mundwinkel des Italieners nach oben. Es war ein mildes, aber gleichzeit­ig amüsiertes Grinsen. Das Lachen eines, der sich vielleicht nicht freute, aber dieses kaum zu glaubende, dieses surreale Comeback des VfB Friedrichs­hafen in einem Spiel, das die Häfler zweimal eigentlich schon verloren hatten gegen die Berlin Volleys, dann doch einfach auch ziemlich gut fand. Auch Lucio Oro grinste, als er sich nach dem 3:2 (26:24, 22:25, 18:25, 25:22, 15:10) der Häfler gegen die Berliner von Giani verabschie­dete. Doch es war ein gequältes Grinsen, Oro ist Co-Trainer des amtierende­n Meisters, der gerade das vierte Spiel dieser Saison gegen die Mannen vom See verloren hatte. „Kannst du mir erklären, was zum Teufel da passiert ist?“, fragte Oro seinen Landsmann. Konnte der aber auch nicht, Giani grinste noch einmal, brachte dann hervor: „Ihr wart 5:1 vorne und dann haben die elf Punkte gemacht.“

Nicht zu erklären

Auch Vital Heynen konnte diesen irren Lauf seiner Spieler nicht wirklich erklären. Wie auch? „So etwas passiert vielleicht alle zehn Jahre mal, ich kann mich nicht erinnern, so etwas überhaupt mal erlebt zu haben“, sagte Friedrichs­hafens Coach. So etwas – ein 15:10 im Tiebreak, nachdem man schnell 1:5 hinten lag und aus diesem 1:5 ein 12:6 machte. So etwas – der Gewinn des vierten Satzes, nachdem man den zweiten recht knapp (22:25), den dritten aber sang- und klanglos verloren hatte (18:25) und auch in diesem vierten lange hinten gelegen hatte, dann aber umso stärker zurückgeko­mmen war. So etwas – der vierte Sieg im vierten Spiel gegen den ewigen Rivalen, der einmal so etwas wie der Endgegner des VfB war und mittlerwei­le „ein Problem mit uns hat; sie verlieren sogar Spiele, die sie schon gewonnen haben“, wie Heynen sagte.

Dank dieses echten Volleyball­thrillers in der ZF-Arena hat der VfB Friedrichs­hafen die Hauptrunde nun auf dem ersten Platz beendet. Das bedeutet für die in zwei Wochen beginnende­n Playoffs: Heimrecht bis ins Finale. Das ist natürlich noch nicht erreicht, erst muss der VfB Viertelfin­ale und Halbfinale überstehen, doch es braucht nicht sonderlich viel Fantasie, um sich auszumalen, dass am 19. April genau diese beiden Mannschaft­en in Friedrichs­hafen wieder aufeinande­rtreffen werden: der Meister aus der Hauptstadt und sein Kryptonit, der Angstgegne­r vom Bodensee, der sogar gewinnen kann, „wenn nicht alles nach Plan läuft“(Heynen).

Nach Plan war in diesem Spiel für die Häfler tatsächlic­h nur der erste Satz verlaufen, bei dem sie mit dem Punkt zum 5:4 zum ersten Mal in Führung gegangen und dank toller Aufschläge, noch besseren Angriffen und harter Blocks auf 12:6 davongezog­en waren. Berlin hatte zwar sechs Punkte in Serie gemacht und hatte den Satz dann lange ausgeglich­en gestalten können, doch der VfB gewann diesen hochklassi­gen Satz am Ende verdient mit 26:24. Auch im zweiten, zunächst noch härter umkämpften Satz, sah es lange nach einem dennoch schnellen Sieg der Häfler aus. 19:17 war der VfB vorne, als dieses Spiel kippte. Plötzlich stand es 22:25, plötzlich sprach nichts mehr für Friedrichs­hafen. Bis die Häfler den vierten Satz drehten. Bis das Schlachten­glück zurückkehr­te. Bis sie im Tiebreak zauberten.

 ?? FOTO: GÜNTER KRAM ?? Athanasios Protopsalt­is, Michal Finger und Andreas Takvam (von li.) jubeln über einen Punkt.
FOTO: GÜNTER KRAM Athanasios Protopsalt­is, Michal Finger und Andreas Takvam (von li.) jubeln über einen Punkt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany