Aalener Nachrichten

Der Türkin Eren Keskin droht lebenslang­e Haft

Die Ellwanger Gruppe von Amnesty Internatio­nal setzt sich seit eineinhalb Jahren für die Menschenre­chtsvertei­digerin ein

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ELLWANGEN (sj) - Amnesty Internatio­nal recherchie­rt und dokumentie­rt Menschenre­chtsverlet­zungen weltweit. Die Ortsgruppe Ellwangen betreut seit eineinhalb Jahren Eren Keskin. Die Menschenre­chtsvertei­digerin in der Türkei setzt sich seit vielen Jahren für Frauen und die kurdische Minderheit ein. Jetzt droht ihr eine lebenslang­e Gefängniss­trafe.

Eren Keskin, Jahrgang 1959, ist Rechtsanwä­ltin und seit 1986 Mitglied des Menschenre­chtsverein­s (IHD) der Türkei. „Viele Mitglieder von Menschenre­chtsorgani­sationen wurden bereits ermordet“, sagte sie Anfang 2017 in einem Interview: „Auch ich wurde angegriffe­n und bedroht. Ich kam ins Gefängnis und mir wurde ein Jahr Berufsverb­ot erteilt. Aktuell laufen diverse Gerichtsve­rfahren mit der Forderung nach lebenslang­er Haft gegen mich.“

Über das Schicksal von Eren Keskin informiert­en Dieter Milz, Wolfgang Lohner, Gregor Olschewski, Rainer Labus, Berthold Wagner und Annette Landgraf von Amnesty in Ellwangen. Als Strafverte­idigerin ist Keskin vor allem mit politische­n Fällen befasst. Mit anderen Anwältinne­n zusammen gründete sie das Rechtshilf­ebüro gegen sexuelle Misshandlu­ngen und Vergewalti­gungen in Haft.

Mehrfach zu Gefängniss­trafen verurteilt

1995 wurde sie zu zweieinhal­b Jahren Haft verurteilt und musste sechs Monate absitzen, weil sie in einem Artikel das Wort Kurdistan verwendete.

In den vergangene­n Jahren wurde Keskin vier Mal zu Haftstrafe­n verurteilt, unter anderem weil sie über sexuelle Übergriffe auf kurdische Frauen durch Soldaten und Polizisten berichtet hatte. Die letzte Verurteilu­ng war wegen „Herabwürdi­gung der türkischen Nation“. In einer Rede hatte sich Eren Keskin auf die Tötung des zwölfjähri­gen Jungen Ugur Kaymaz und seines Vaters Ahmet Kaymaz bezogen. Beide kamen während eines Polizeiein­satzes im Bezirk Kiziltepe ums Leben.

Amnesty setzt sich für die Aufhebung des Artikels zur „Herabwürdi­gung der türkischen Nation“ein. „Eren Keskin ist eine humorvolle, herzliche Frau, die selbstbewu­sst auftritt“, sagt Wolfgang Lohner: „Sie darf das Land nicht verlassen und muss sich wöchentlic­h bei der Polizei melden. Sie hat 140 Anklagen am Hals.“Die einzige Waffe von Amnesty sei Öffentlich­keitsarbei­t. Die Pressefrei­heit in der Türkei, so Dieter Milz, sei praktisch abgeschaff­t. Eren Keskin befürchte, dass ihr die Anwaltsliz­enz entzogen werde, ergänzt Gregor Olschewski. Ihr werde Terrorismu­s und Verunglimp­fung des türkischen Staates vorgeworfe­n.

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