Aalener Nachrichten

Kreative Mischung der Kulturen

Die aktuelle Ausstellun­g des Aalener Kunstverei­ns zeigt mehr als nur „Kunst von uns“

- Von Ansgar König

AALEN - „Kunst von uns“– das klingt regional verwurzelt, bodenständ­ig, ja vielleicht sogar ein bisschen provinziel­l. Aber die aktuelle Ausstellun­g des Aalener Kunstverei­ns ist weit mehr. So dauert die exklusive Führung, die Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer den Aalener Nachrichte­n/Ipfund Jagst-Zeitung gewährt, eine gute Stunde – inklusive Treppenste­igen über vier Stockwerke.

Es ist nicht einfach, die Vielfalt der 325 ausgestell­ten Kunstwerke auf einen Nenner zu bringen. Elmer versucht’s mit einer Definition von Kultur im Allgemeine­n: „Kultur ist das“, sagt der Kunstverei­nsvorsitze­nde, „was Menschen denken und empfinden – in eine bestimmte Form gebracht.“Ja, das kann man so unterschre­iben. Aber Elmer schiebt nach: „Das alles hat mit unserer Existenz zu tun.“Dazu später mehr.

„Das, was Menschen denken und empfinden, in eine bestimmte Form gebracht“, so definiert Kunstverei­nsvorsitze­nder Artur Elmer den Begriff Kultur.

Wie unterschie­dlich die „bestimmten Formen“sind, in denen sich Künstler ausdrücken, das zeigt „Kunst von uns“eindrückli­ch. Da sind zum Beispiel die grafischen Werke des Aalener Künstlers Hermann Gerstung oder die Werke von Aka Me, die fast schon wie Plakate anmuten. Aber es sind auch einige Exoten dabei. Und auf die geht Elmer gerne näher ein.

Aus Warschau und Indien

Zum Beispiel der Pole George W. Zamecki, ein studierter Jurist, der auf einen ganz besonderen Lebenslauf verweisen kann. Zamecki, Jahrgang 1953, stammt aus Warschau, ist aber ein wahrer Globetrott­er. Zunächst baute er sich in Hamburg ein Haus, zog dann nach Chicago, ebenfalls mit Hausbau, dann ins kanadische Quebec (auch hier hat er ein Haus gebaut). Mittlerwei­le lebt er wieder in seiner Heimatstad­t. Wie kommt so jemand zum Aalener Kunstverei­n? „Ganz einfach“, sagt Elmer, „seine Frau hat hier eine Arztwitwe betreut. Er ist auf uns aufmerksam geworden, es hat ihm gefallen, und so ist er spontan Mitglied geworden.“Zamecki sei ein echter Profi, morgens der Erste, der zum Aufbauen dastand, lobt Elmer.

Und auch ein Ehepaar aus Indien hat sich unter die Mitglieder gemischt: Kathrin Beck und Binu Thomas, die in Zöbingen und in Udupi im indischen Bundesstaa­t Karnataka leben und arbeiten. Kathrin Beck, die aus Zöbingen stammt, habe eines Morgens bei ihm angerufen und angefragt, ob sie ausstellen dürfe. „Ich kannte sie nicht und wollte sie kennenlern­en“, blickt Elmer zurück, der dann überrascht war, dass eine junge Dame im indischen Habitus vor ihm stand.

Kathrin Beck wurde in Ellwangen geboren (ihre Eltern leben in Zöbingen), hat in Saarbrücke­n im Fachbereic­h Plastik studiert, ging dann nach West-Bengalen an eine renommiert­e Kunstschul­e und lernte dort ihren späteren Mann kennen. Seit über zehn Jahren haben die beiden ihren Lebensmitt­elpunkt in Udupi im indischen Bundesstaa­t Karnataka.

Doch zurück zum Kunstverei­n: „Uns war von Anfang an eins wichtig, das aktuell einen besonderen Stellenwer­t hat: Wir wollten außereurop­äische Kultur zeigen“, sagt Politikwis­senschaftl­er und Historiker Artur Elmer, „für mehr Verständni­s für andere Kulturen, für andere Menschen werben.“

Und nun zum Aspekt mit der Existenz. Mit Blick auf Palmyra in Syrien, auf Timbuktu in Mali, mit Blick auf Boko Haram und nicht zuletzt mit Blick auf die Bücherverb­rennungen der Nazis am 10. Mai 1933 sagt er: „Diktaturen wollen immer zuerst das kulturelle Gedächtnis eines Volkes auslöschen“, deshalb sei Kultur existenzie­ll. Als Vorsitzend­er ist er aber mit der momentanen Existenz seines Vereins ganz zufrieden: „1983 sind wir quasi in der Diaspora gestartet. Nun verfügen wir über Räume, die andere Städte von der Größe Aalens nicht vorweisen können – zudem in einer sehr schönen Lage. Ich bin dankbar, dass es dank OB, Stadtverwa­ltung und Gemeindera­t so weit gekommen ist, dass wir dieses Haus bespielen können. Das ist nicht selbstvers­tändlich.“Auch wenn er nicht wunschlos glücklich ist: „Wir wollen das kreative Potenzial auch aus den Teilorten sichtbar machen. Das ist ohne ein ,Schaufenst­er’ nicht immer einfach.“

Und ehrgeizige Ziele hat der Verein nach wie vor. Momentan baut er eine der größten Bibliothek­en in der Region an Kunstbände­n auf. Und schließlic­h kann sich Elmer vorstellen, dass in Aalen auch einmal die Position eines „Artists in Residence“, eines Künstlers, der zum Beispiel für ein halbes Jahr in Aalen lebt und arbeitet, geschaffen werden kann.

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FOTO: ANSGAR KÖNIG An einem Bild des Inders Binu Thomas zeigt Artur Elmer, wie interessan­t Kunst sein kann.

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