Ed Sheeran legt sein bestes Werk vor
Um die Liebe in all ihren Facetten dreht sich „Divide“, das neue Album des Briten
RAVENSBURG - Lange mussten die Fans von Ed Sheeran auf das neue Album des Briten warten. 2014 war „Multiply“erschienen; die letzte Single-Auskoppelung „Photograph“begeisterte 2015 weltweit. Dann folgt eine einjährige Auszeit. Sheeran taucht ab, reist durch die Welt, meidet die sozialen Medien.
Im Februar dann der Paukenschlag: Er veröffentlicht gleich zwei Singles an einem Tag und stürmt mit den beiden unterschiedlichen Nummern „Shape of You“und „Castle on The Hill“sofort an die Chartspitze. Doch kann das neue Album „Divide“(Warer Music) das halten, was die zwei Tracks versprechen? Schließlich erklärt der Musiker, dass sein drittes Album seine „bisher beste Arbeit“sei. Und er behält Recht.
„Divide“ist ein großartiges Album, das vielschichtig und tiefsinnig über die Liebe in all ihren Facetten reflektiert. Er hat sich auf die Suche gemacht nach einer neuen Poesie für altbekannte Gefühle und erzählt alte Geschichten auf moderne Art und Weise. Dass Sheeran dabei den Zuhörer auf eine sehr persönliche Reise mitnimmt, macht das Album derart kraftvoll, dass es seinen Vorgängern in nichts nachsteht.
So begrüßt er den Zuhören mit dem Opener „Eraser“, einem RapLatin-Mix, zu der Aufführung: „Welcome to The New Show / Cause I've Been Away ...“– eine Einladung seine neuen Einsichten kennenzulernen.
Musikalisch macht aber nicht nur der Opener klar: Sheeran hat nichts verlernt, ganz im Gegenteil. Er bleibt seinem Stil treu, in dem er den Sound nie überfrachtet, wagt sich aber auch an neue Klänge: lateinamerikanische Rhythmen, wie in „Barcelona“oder die afrikanischen Vibes in „Bibia Be Ye Ye“bereichern so manch vertraute Klänge von „Multiply“und ergeben einen innovativen Sound. Beispiel hierfür ist auch „Castle on The Hill“, eine mitreißende Speed-PopNummer, deren rollende Beats an das Rattern eines Zuges erinnern.
Dann wird er leiser, ernster. In der Akustik-Ballade „Dive“ist die Musik nur Nebensache. Sheerans Stimme trägt die Botschaft. Sie ist brüchig, nie perfekt – aber genau das macht sie so mächtig. „Shape of You“zeugt von einer weiteren Seite der Liebe: Der Latin angehauchte Tanzsong strahlt Erotik aus, erzählt von der Anziehung zweier Körper. Und wenn aus dem puren Verlangen mehr wird, dann nähert sich die Liebe dem perfekten Zustand.
Die wunderbare Liebeserklärung Sheerans („Perfect“) an seine Freundin Cherry erinnert an die großen Highschool-Balladen der 1950er-Jahre – ist allerdings derart modern abgemischt, dass Kitsch und Schmalz keine Chance haben. Von der Leichtigkeit eines frisch verlieben Herzens und erster Liebe erzählt „Galway Girl“und „Nancy Mulligan“, bei dessen irischer Gute-Laune-Sound man automatisch mit den Füßen wippt und den Refrain gut gelaunt mitsingt.
Trennungsschmerz und Eifersucht
Doch Liebe hat auch ihre dunklen Seiten: Ob nun Trennungsschmerz in dem Akustik-Titel „Happier“oder Eifersucht in dem Hip-Hop-Titel „New Man“– Sheeran lässt diese Gefühle nicht unter den Tisch fallen. Mit „Hearts Don’t Break around Here“und dem Popsong „What Do I Know“gibt er sich der Hoffnung hin, dass die Realität die Romantik nicht zerstören und Liebe die Welt verändern kann.
Dies gipfelt in der Erkenntnis, dass Liebe nie stirbt: „Supermarket Flowers“ist eine herzergreifende Liebeserklärung an seine verstorbene Mutter. „You Were An Angel in The Shape of My Mom“(„Du warst ein Engel in Gestalt meiner Mutter“) ist nur eine Textzeile von vielen, die einem die Tränen in die Augen treibt. Es ist der der stärkste, weil persönlichste Song auf dem Album, das mit „Save Myself “und der Erkenntnis endet, dass der erste Schritt zur wahren Liebe stets bei einem selbst beginnt.