Glanzvolle Krönung eines Projekts
Theater der Stadt Aalen präsentiert Uraufführung „Der Augenblick“in der Villa Stützel
AALEN - Das ist schon etwas Besonderes, wenn eine ganze Straße mit ihren signifikanten Stellen in einem Theaterstück präsentiert wird. Diese Ehre wurde der Ulmer Straße in einer spektakulären Uraufführung des Theaters der Stadt Aalen im vollen Saal der Villa Stützel zu Teil. Auch die Villa ist eine wichtige Station am „Boulevard Ulmer Straße“.
Nicht allzu lang war die Vorbereitungszeit, seit Sommer 2016, in der Schüler einiger Aalener und Heidenheimer Schulen und Aalener Bürger spontane Eindrücke und Ideen sammelten, die ihnen zu acht Bildern entlang der Straße einfielen. Beispielsweise Moschee, Beten, Stadtverkehr, Lidl und Aldi, Training, Erlau, aber auch andere Objekte wie die Marienkirche und die ehemalige Reichbank (Villa Cherbon).
Kurz waren die Szenen, in denen das Gesammelte in jeweils Drei-Minuten-Szenen integriert nun über die Bühne ging. In nur zwei Proben hatten acht Akteure des Theaters unter Winfried Tobias, Leiter des Kinder und Jugendtheaters, sowie des Berliner Autors und Theaterpädagogen Lorenz Hippe das collagenartige Stück einstudiert.
Kreuz der Marienkirche taucht in mehreren Szenen auf
Es hieß „Der Augenblick“wohl nicht nur wegen der kurzen Szenen, sondern auch wegen der Kürze der gesammelten Eindrücke und weil jede Szene als „Augenblick“im Programm aufgelistet war. Alles spielte sich auf der kleinen, abgedunkelten Bühne ab und vor großflächigen Bildern auf der Background-Leinwand. Da ragte zum Beispiel das Kreuz auf dem Turm der Marienkirche in eine nächtliche Szene der mondbeschienenen Ulmer Straße herein. Prompt wurde das Kreuz zum Inhalt einer der Szenen.
Da spielten vor der Moschee Kinder Fußball, einerseits vom Imam, andererseits vom Pastor angefeuert. Das gab Anlass zu heftigen Dialogen in der Sprache der Migrantenkinder. Die Erlau-Ketten, spielende Kinder im verlassenen Ostertag-Gebäude, ein brennender Einkaufswagen auf dem stillgelegten Industriegleis gaben weitere Gelegenheit zu spannenden „Augenblicken“. Bisweilen wurde auch das Publikum ins Spiel mit einbezogen wie eine Französin in der ersten Reihe, die spontan die Rolle des „Kumpels Marek“übernahm.
Die reaktionsschnelle Wandlungsfähigkeit der Akteure, ihre sprachlichen Talente waren ebenso erstaunlich wie die bunte Vielfalt der Szenen. Noch mehr wurde den Darstellern im zweiten Teil abverlangt. Da ging es um Ausschnitte aus Stücken, die in den letzten 25 Jahren im Theater der Stadt auf dem Spielplan standen. Plötzlich stand Mephisto aus dem „Faust“auf der Bühne und Goethes berühmtes Zitat vom schönen Städtchen Aalen und seinen noch schöneren Mädchen durfte nicht fehlen.
Von den vielen Autoren dieser Stücke waren der Schweizer Jürg Schlachter und Lisa Sommerfeldt nach Aalen gekommen. Aber auch das Publikum, darunter viele am Projekt beteiligte Schüler, belohnten die Leistung der Darsteller, der Autoren und des Intendanten, mit viel Beifall.
Nicht messbar ist der Beifall derer, die sich das Stück und die Fotos auf der Website des Theaters
www.kunst-stadt-aalen.de/augenblick
als Minihörspiel oder in ihrem Smartphone über QR-Code am jeweiligen Ort des Geschehens abgerufen haben oder dies noch tun werden. Eine gibt es am Freitag, 17. März, um 20 Uhr in der Villa Stützel.