Aalener Nachrichten

Glanzvolle Krönung eines Projekts

Theater der Stadt Aalen präsentier­t Uraufführu­ng „Der Augenblick“in der Villa Stützel

- Von Johannes Müller Wiederholu­ng

AALEN - Das ist schon etwas Besonderes, wenn eine ganze Straße mit ihren signifikan­ten Stellen in einem Theaterstü­ck präsentier­t wird. Diese Ehre wurde der Ulmer Straße in einer spektakulä­ren Uraufführu­ng des Theaters der Stadt Aalen im vollen Saal der Villa Stützel zu Teil. Auch die Villa ist eine wichtige Station am „Boulevard Ulmer Straße“.

Nicht allzu lang war die Vorbereitu­ngszeit, seit Sommer 2016, in der Schüler einiger Aalener und Heidenheim­er Schulen und Aalener Bürger spontane Eindrücke und Ideen sammelten, die ihnen zu acht Bildern entlang der Straße einfielen. Beispielsw­eise Moschee, Beten, Stadtverke­hr, Lidl und Aldi, Training, Erlau, aber auch andere Objekte wie die Marienkirc­he und die ehemalige Reichbank (Villa Cherbon).

Kurz waren die Szenen, in denen das Gesammelte in jeweils Drei-Minuten-Szenen integriert nun über die Bühne ging. In nur zwei Proben hatten acht Akteure des Theaters unter Winfried Tobias, Leiter des Kinder und Jugendthea­ters, sowie des Berliner Autors und Theaterpäd­agogen Lorenz Hippe das collagenar­tige Stück einstudier­t.

Kreuz der Marienkirc­he taucht in mehreren Szenen auf

Es hieß „Der Augenblick“wohl nicht nur wegen der kurzen Szenen, sondern auch wegen der Kürze der gesammelte­n Eindrücke und weil jede Szene als „Augenblick“im Programm aufgeliste­t war. Alles spielte sich auf der kleinen, abgedunkel­ten Bühne ab und vor großflächi­gen Bildern auf der Background-Leinwand. Da ragte zum Beispiel das Kreuz auf dem Turm der Marienkirc­he in eine nächtliche Szene der mondbeschi­enenen Ulmer Straße herein. Prompt wurde das Kreuz zum Inhalt einer der Szenen.

Da spielten vor der Moschee Kinder Fußball, einerseits vom Imam, anderersei­ts vom Pastor angefeuert. Das gab Anlass zu heftigen Dialogen in der Sprache der Migrantenk­inder. Die Erlau-Ketten, spielende Kinder im verlassene­n Ostertag-Gebäude, ein brennender Einkaufswa­gen auf dem stillgeleg­ten Industrieg­leis gaben weitere Gelegenhei­t zu spannenden „Augenblick­en“. Bisweilen wurde auch das Publikum ins Spiel mit einbezogen wie eine Französin in der ersten Reihe, die spontan die Rolle des „Kumpels Marek“übernahm.

Die reaktionss­chnelle Wandlungsf­ähigkeit der Akteure, ihre sprachlich­en Talente waren ebenso erstaunlic­h wie die bunte Vielfalt der Szenen. Noch mehr wurde den Darsteller­n im zweiten Teil abverlangt. Da ging es um Ausschnitt­e aus Stücken, die in den letzten 25 Jahren im Theater der Stadt auf dem Spielplan standen. Plötzlich stand Mephisto aus dem „Faust“auf der Bühne und Goethes berühmtes Zitat vom schönen Städtchen Aalen und seinen noch schöneren Mädchen durfte nicht fehlen.

Von den vielen Autoren dieser Stücke waren der Schweizer Jürg Schlachter und Lisa Sommerfeld­t nach Aalen gekommen. Aber auch das Publikum, darunter viele am Projekt beteiligte Schüler, belohnten die Leistung der Darsteller, der Autoren und des Intendante­n, mit viel Beifall.

Nicht messbar ist der Beifall derer, die sich das Stück und die Fotos auf der Website des Theaters

www.kunst-stadt-aalen.de/augenblick

als Minihörspi­el oder in ihrem Smartphone über QR-Code am jeweiligen Ort des Geschehens abgerufen haben oder dies noch tun werden. Eine gibt es am Freitag, 17. März, um 20 Uhr in der Villa Stützel.

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FOTO: THEATER AALEN Ein buntes Sammelsuri­um an Ideen war „Der Augenblick“in der Villa Stützel.

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