Nachts zu laut Musik gehört: Streit in der LEA landet vor Gericht
Amtsgericht stellt Verfahren wegen Körperverletzung ein – Angeklagter muss 25 Arbeitsstunden leisten
ELLWANGEN - Eine Auseinandersetzung in der Landes-Erstaufnahmestelle (LEA) am frühen Morgen des 22. Februar 2016 hatte vor dem Ellwanger Amtsgericht ein gerichtliches Nachspiel. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung angeklagt war ein 19-jähriger Syrer. Nach dreistündiger Verhandlung stellte Jugendrichterin Dorothea Keck das Strafverfahren vorläufig ein: Der Angeklagte muss 25 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten.
Ursache für den Streit unter Syrern war zu laute Musik mitten in der Nacht. Von dem Lärm im Aufenthaltsraum eines Unterkunftsgebäudes kurz vor 1 Uhr fühlten sich ein 17jähriger Syrer und sein Schwager erheblich gestört, beide wollten schlafen. Weil der Angeklagte die Musik nicht leiser stellte, kam es zu Beschimpfungen und schlimmen Beleidigungen. Er habe den Angeklagten zur Rede stellen wollen und habe dafür eine Ohrfeige bekommen, sagte der 17-Jährige vor Gericht.
Bei der anschließenden Schlägerei hätten ihm fünf Personen gegenüber gestanden. „Es ist richtig, dass ich von mehreren Personen geschlagen worden bin“, gab der Zeuge auf Nachfrage zu. Er habe jedoch nur den Angeklagten schlagen gesehen. Sein 40-jähriger Schwager bestätigte, dass der junge Mann mit den Händen geschlagen worden sei. Er habe ihn dann befreit. „Fünf Personen – wie soll er sich dagegen wehren?“, sagte der Schwager. Auch er sei beleidigt und bedroht worden.
Der Angeklagte hatte einem Dolmetscher gesagt, er selbst habe nicht geschlagen und das Opfer („ich schwöre“) nicht einmal angefasst. Vielmehr sei der 17-Jährige mit einem Stuhl auf ihn losgegangen. Als dann sechs, sieben Security-Leute schlichten wollten, sei er selbst von einem Sicherheitsmann verletzt worden und habe am Kopf eine Beule davongetragen, die von der Polizei fotografiert wurde. Seine Anzeige gegen den Sicherheitsmann sei jedoch eingestellt worden. Ein weiterer Zeuge sagte aus, der 17-Jährige habe den Stuhl genommen, um zuzuschlagen.
Auf Antrag von Jugendgerichtshelfer Thomas Kröhl und Staatsanwalt Jens Beynio wurde das Verfahren gegen den Angeklagten eingestellt. „Meines Erachtens ist die Beweislage dünn“, sagte Richterin Dorothea Keck.
Ein Zeuge reist aus Rumänien an
Der ohne Verteidiger erschienene Angeklagte, der jetzt im Schwarzwald wohnt, muss als Auflage innerhalb von zwei Monaten 25 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. „Sie haben Musik gehört, andere am Schlafen gehindert, andere beleidigt. Das ist nicht in Ordnung“, sagte Staatsanwalt Beynio zum Angeklagten.
Auf die Vernehmung eines Zeugen, der wegen Staus auf der Autobahn mit fast einstündiger Verspätung erschienen war, wurde verzichtet. Er sei mit dem Auto aus Rumänien zur Gerichtsverhandlung nach Ellwangen angereist und habe 1600 Kilometer zurückgelegt, erklärte er gegenüber einer Dolmetscherin.
Das Gericht war verblüfft. Denn das ging davon aus, dass der Zeuge aus Bad Dürrheim anreist, wohin auch die Ladung gegangen ist. Er wohne jetzt in Rumänien, sagte der Mann, denn er habe in Deutschland keine Arbeit gefunden.
Seine Fahrtkosten bis Rumänien bekommt er nicht erstattet, wurde ihm beschieden. Nur die bis Bad Dürrheim.