„Hoam-Boy“grantelt ohne Gnade
Markus Stoll alias Harry G war in der Stadthalle weit weg von politischen Korrektheiten
AALEN - Wo Markus Stoll herkommt, wird man am Morgen mit „Umpffda-da-da“geweckt. Das Nirvana ist eine Runde Enzian zu den Klängen der Blaskapelle. Der Norddeutsche ist schlicht „a Saupreiß“. Alles klar. Wie das alles zu verstehen ist, das wurde den Zuschauern in der Aalener Stadthalle am Montagabend schnell klar.
Stoll wurde also in Bayern sozialisiert und lebt seit 2006 in München. Aber auch im Land der Bajuwaren gibt es ja diese sozialen Medien. Deshalb heißt der Mann jetzt „Harry G“, hat ein Hütchen auf dem Kopf und sich das T-Shirt „Hoam-Boy“übergezogen. Und so legt er los. Seine angenehm politisch völlig unkorrekten Tiraden und seine „Ich-mache-keine-Gefangenen“-Satire sind für seine Fans schlicht zum Brüllen.
Und die sind eher jung in der gut vollen Stadthalle. Viele sind deutlich jünger als der 36-Jährige selbst. In seinem Programm „#HarrydieEhre“grantelt er ohne Gnade. Erst geht’s in geht in den Norden. Dort ist für ihn das Mordor der Republik verortet – Duisburg. Seiner Meinung nach die asozialste Stadt unter der Sonne, randvoll mit in der Öffentlichkeit Jogging-Hosen tragenden Currywurst-Fressern.
Von Mordor zu den Zonen-Wolpertingern
Dann geht’s in den Osten, zu den „Zonen-Wolpertingern“, wo man nicht mit dem bayerischen Allzweck-Gruß „Servus“den Mitmensch anredet. Sondern so wie in Dresden mit „Sieg Heil“grüßt. Ein belustigtes, nur schwach empörtes „Ho-ho-ho“hallt durch die Stadthalle.
Stoll seziert den Ostmenschen und die Kanzlerin, hüpft in die bayerische Gemütlichkeit, deren Steigerung „griabig“heißt. Er erzählt, wie im bayerischen Ausland die Androhung „Schleich di, sonst kriagst a Fotzn“missverstanden werden kann – „der Kölner freut sich über eine Geschlechtsumwandlung“.
Richtig fuchsteufelswild kann Harry G werden, wenn Klischees gegen die Bayern in Stellung gebracht werden. Auch wenn in mancher bayerischer Ortschaft der Stammbaum „sehr rund“ist. Soll heißen, in manchem Dorf ist die Verwandtschaft oft sehr eng verbandelt. Er pöbelt was geht, Hau-drauf-Humor bis geistreiche Granteleien. Nicht alles, aber vieles ist ziemlich witzig, wenn man nicht gerade zartbesaitet ist. 400 000 Fans folgen Harry G auf Facebook, seine Clips wurden viele Millionen Male angeschaut. Auch den Kampfraucher Alfons „#no filter“hat er dabei, mit entsprechender kehliger Rauchstimme.
Apropos Facebook: Zum einen lästert er die wenigen im Publikum ganz persönlich an, die es wagten, sich als Nicht-Facebooker zu melden. Andrerseits nervt ihn das Ding – „so viele Deppen“seien da unterwegs, die minutiös Fotos vom Mittagessen, vom Fake-Urlaub oder von der Darmspiegelung posten. Aus Facebook, so sein Tipp, sollte man sich spätestens verabschieden, wenn sich die eigene Mutter anmeldet. Selber schuld. Er hat seiner Mama eins zu Weihnachten geschenkt. Ein billiges Nokia. Weil Mutti wird bald 50. Also tut’s für die paar Jahre auch ein günstiges Gerät. Harry G verbindet also bayerischen Furor mit der virtuellen Welt. Und das lieben die Fans.