Aalener Nachrichten

Seehofer als Kurier der Kanzlerin in Moskau

- Von Klaus-Helge Donath, Moskau

Kremlchef Wladimir Putin hatte am Donnerstag viel zu tun. Dennoch fand er Zeit für Bayerns Ministerpr­äsidenten Horst Seehofer. Anderthalb Stunden lang traf sich der Präsident am Abend mit dem Besucher aus München. Seehofer war von dieser Wertschätz­ung sichtlich angetan. Putin habe Respekt für Bayern, die Sympathie sei da, sagte der CSU-Chef, der das auch auf sich bezog. Der Bayer war mit drei Ministern und einem Tross von 100 Begleitern aus Wirtschaft, Kultur und Wissenscha­ft angereist.

Seehofer war schon im Februar 2016 in Moskau. Damals besuchte er Putin, um sich gegen Angela Merkel zu positionie­ren. Diesmal kam er aber als Kurier der Kanzlerin. Auf der Webseite des Kreml wird Seehofer mit den Worten zitiert: Die Kanzlerin hätte ihn gebeten, nicht zu vergessen, dem Präsidente­n ihre Grüße auszuricht­en. Seehofer war es auch, der am Morgen mitteilte, Merkel werde am 2. Mai nach Moskau reisen. Der Kreml bestätigte das später.

Anders als vor einem Jahr gipfelte die Begrüßung im Kreml diesmal nicht in einer Umarmung. Auch das Fernsehen beachtete den Besuch wenig. Neben der wirtschaft­lichen Zusammenar­beit stand bei dem Gespräch Seehofers mit Putin die Lage in der Ostukraine auf der Tagesordnu­ng. Der CSU-Chef nahm die Frage der Umsetzung des Minsker Friedenspl­ans ernst: „Ich habe Putin mehrfach gefragt: ,Stehen Sie dazu?’ Und er hat gesagt: ,Ohne Wenn und Aber’“, so Seehofer. Noch einige Male sollte er das am Abend wiederhole­n. „Solange ich Politik betreibe, werde ich mich immer bemühen, durch die Umsetzung des Minsker Abkommens den Zustand der Sanktionen zu überwinden“, sagte der Ministerpr­äsident.

Tipps von Sigmar Gabriel

Seehofer wollte keine Fehler machen. Vor der Reise ließ er sich nach eigenen Worten durch Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel instruiere­n. Es fiel auf, wie sehr er darum bemüht war, die Aufhebung der Sanktionen an die Einlösung der Minsker Vereinbaru­ngen zu knüpfen, auch wenn er darauf verwies, dass auch die Ukraine in der Bring- schuld stünde. Über die Inhalte des Gesprächs mit Wladimir Putin schwieg sich Seehofer aus. Nur so viel: Er hätte den Eindruck, für den Kremlchef werde das Zeitfenste­r des Minsker Abkommens immer kleiner. Putin wollte mit ihm aber lieber über die Wahlen in den Niederland­en sprechen, sagte Bayerns Ministerpr­äsident.

Er ist zurückhalt­ender geworden. Im letzten Jahr sprach sich Seehofer für eine Lockerung der Sanktionen aus und sah sich deren Ende abzeichnen. Nichts dergleiche­n ist eingetroff­en. „Kommen Sie bald wieder“, rief ihm Russlands Präsident im letzten Jahr beim Abschied hinterher. Davon war Seehofer sehr angetan. Diesmal verlief es nüchterner. Im Kreml wartet man nun auf die Kanzlerin.

Newspapers in German

Newspapers from Germany