Aalener Nachrichten

Diät für die Wirtschaft

Steigender Rohstoffve­rbrauch: Deutschlan­d fordert eine Umkehr

- Von Hanna Gersmann

BERLIN - Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) will einen sparsamere­n Umgang mit Rohstoffen fördern. Sie versichert, das komme auch der Wirtschaft zugute, schaffe auch Jobs. Der Anlass: Am Donnerstag hatte die Bundesregi­erung hochrangig­e Delegierte der 20 wirtschaft­sstärksten Staaten der Welt nach Berlin geladen. Deutschlan­d hat derzeit die Präsidents­chaft der G20 inne und will in diesem Rahmen eine neue internatio­nale Initiative zur Ressourcen­effizienz auf den Weg bringen.

Jedes Jahr hole der Mensch 85 Milliarden Tonnen Material aus und von der Erde, erklärt Hendricks. „Umsteuern ist unvermeidl­ich“, sagt sie. Die Ministerin bezieht sich auf einen neuen Bericht des Weltressou­rcenrates, einem Gremium des UN-Umweltprog­rammes UNEP. Dessen Prognose liest sich als Warnung: Gibt es keine Trendwende, wird sich der Verbrauch der Rohstoffe bis 2050 gegenüber heute verdoppeln. Dann werden voraussich­tlich rund neun Milliarden Menschen auf der Welt leben, die alle versorgt werden müssen mit Lebensmitt­eln, Energie, Häusern und Mobilität.

Schon heute spürten die Menschen die Belastunge­n der Umwelt und ihrer Gesundheit – den Klimawande­l, das Artensterb­en, die Wasser- und Luftversch­mutzung. Tut sich nichts, nähmen diese zu, erklärt der UNEP-Vizedirekt­or Ibrahim Thiaw. Sein abschrecke­ndes Beispiel: Bis zum Jahr 2050 könnte der Plastikmül­l im Meer mehr wiegen als alle Fische, die darin schwimmen. Experten haben das vorgerechn­et.

Auch die anderen Zahlen sind eindrückli­ch. Die reichen Länder verbrauche­n pro Kopf immer noch viel mehr Rohstoffe als die armen. Zu den Spitzenrei­tern gehört auch Deutschlan­d. Allein der Sand, die Steine, der Zement, die in einem Jahr in Deutschlan­d aus dem Boden geholt werden, reichen laut Umweltbund­esamt um damit 3700-mal den Kölner Dom zu bauen.

Im Bericht des Weltressou­rcenrates heißt es, es sei machbar, Wohl- stand und Wirtschaft­swachstum zu entkoppeln von der Plünderung des Planeten, etwa durch mehr Recycling, bessere Nutzung von Materialie­n. Die Rechnung der Experten: Durch eine effiziente, klimaschon­ende Nutzung von Rohstoffen ließe sich der Verbrauch bis 2050 um 28 Prozent senken. Die Treibhausg­asemission­en würden um 62 Prozent gemindert. Zugleich würde die Weltwirtsc­haftsleist­ung weiter um ein Prozent wachsen.

Hendricks: „Ideen gibt es längst“

Die Ideen und Innovation­en gebe es längst, erklärt Hendricks. Eine Firma habe zum Beispiel eine LED-Lampe entwickelt, die bis zu 60 Prozent leichter sei als bisherige Modelle, so würden Aluminium, Zinn, Kupfer, Kunst- und Klebstoffe gespart. Ein anderes Unternehme­n habe die Herstellun­g von Kunststoff­tuben so revolution­iert, dass 35 Prozent an Material und 46 Prozent Energie eingespart werden. Und die Stadt Pirmasens habe ihre Kläranlage so ausgerüste­t, dass Phosphor, ein lebenswich­tiger, aber knapper Rohstoff, zurückgewo­nnen werden kann. „Die Kosten für den Ressourcen­einsatz machen 45 Prozent aller Kosten in der gewerblich­en Wirtschaft aus, die Arbeitskos­ten nur 20 Prozent“, sagt Hendricks. Wer Unternehme­n entlasten wolle, müsse über einen sparsamen Umgang mit Rohstoffen reden.

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FOTO: IMAGO „Umsteuern ist unvermeidl­ich“, sagt Barbara Hendricks.

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