Neue Turner braucht das Land
Stuttgart sieht den DTB-Pokal – und eine nach Rio verjüngte deutsche Männer-Riege
STUTTGART (SID) - Fabian Hambüchen macht sich im Fernsehen bei Vox im Kreise einstiger Sportstars zum „Ewigen Helden“, motiviert mitten in der Nacht seine Fans via Facebook zur Anmeldung für das Deutsche Turnfest (3. bis 10. Juni in Berlin) – aber er turnt eben nicht mehr selbst. Im Jahr eins nach dem Ende der beispiellosen Karriere des Reck-Olympiasiegers soll und muss daher der DTB-Pokal im Rahmen des Weltcup-Turniers am Wochenende in Stuttgart ein Neuanfang ohne den omnipräsenten Ausnahmeathleten sein.
„Unsere Mannschaft wird sich sicher verjüngen müssen, ich erwarte neue Gesichter. Turner, bei denen es im vergangenen Olympiazyklus nicht ganz gereicht hat, sollten sich nach vorne drängen“, sagt Bundestrainer Andreas Hirsch mit forderndem Unterton. Und sie sollten schon am besten am heutigen Freitag in der Porsche-Arena damit anfangen, denn Olympiaheld Andreas Toba (Hannover) hat seinen Kreuzbandriss von Rio noch nicht wieder auskuriert, Reckspezialist Andreas Bretschneider (Chemnitz) fehlt wegen einer Operation an der Schulter.
Zwölf Jahre lang war Hambüchen an und neben den Turngeräten der unumstrittene Frontmann der deutschen Riege, nun wird ein Nachfolger gesucht. Marcel Nguyen wird es indes nicht sein, auch wegen seines eher zurückhaltenden Naturells. Der Olympiazweite von London 2012 hat überdies endgültig Abschied vom Mehrkampf genommen, nur noch an einzelnen Geräten wird der mittlerweile 29-Jährige das Team des Deutschen Turner-Bundes (DTB) verstärken. Sein Entdecker Hirsch ist dennoch froh, dass Nguyen, anders als der nahezu gleichaltrige Hambüchen, seine Laufbahn zumindest eingeschränkt fortsetzt. „Marcels Erfahrung ist wertvoll für uns“, sagte der Chefcoach aus Berlin über seinen Lieblingsschüler, den er gern als „asiatische Leichtbauweise Mensch“bezeichnet.
Die personellen Nöte von Hirsch hat Kollegin Ulla Koch nicht, ganz im Gegenteil: Sogar die schon 28 Jahre alte Kim Bui (Stuttgart) hat die Turnriemchen noch nicht an den Nagel gehängt. Die Olympiadritte Sophie Scheder aus Chemnitz allerdings fehlt wegen einer bevorstehenden Knieoperation. „Eigentlich hält uns nichts davon ab, weiterhin erfolgreich zu sein“, glaubt Koch, die bei Olympia in Rio de Janeiro mit ihrer Mannschaft auf Rang sechs sogar besser abschnitt als die siebtplatzierten Männer. In Stuttgart führt die Chemnitzerin Pauline Schäfer, WMDritte am Schwebebalken, das Aufgebot der Gastgeberinnen an.