Bund soll Einwanderungsgesetz schaffen
Integrationsminister fassen Beschlüsse am Bodensee – meist ohne Unterstützung Bayerns
FRIEDRICHSHAFEN - Die Sozialund Integrationsminister der Länder wollen verstärkt Flüchtlinge als Helfer im Gesundheits- und Pflegesektor einsetzen. Einem entsprechenden Beschluss, angestoßen vom baden-württembergischen Gastgeber Manfred Lucha (Grüne), folgte die Integrationsministerkonferenz am Freitag mit 15 Stimmen. Einzig Bayern stimmte gegen den Beschluss – wie gegen viele andere in den zwei Tagen der Konferenz in Friedrichshafen, darunter der Leitantrag. Auch dem Vorstoß zur Schaffung eines Einwanderungsgesetzes für Deutschland wollte die bayerische Ministerin Emilia Müller (CSU) nicht folgen.
„Bayern verfolgt einen klaren Kurs“, sagte Ministerin Müller. „Eine weitere Ausdehnung der 3+2-Regelung lehnen wir ab.“Der Bund hatte im Integrationsgesetz mit dieser Regelung einen Abschiebeschutz für Asylbewerber geschaffen, die eine dreijährige Ausbildung absolvieren und danach zwei Jahre im Betrieb arbeiten dürfen. Die Wirtschaft hatte sich dafür starkgemacht. Für Helferberufe mit Arbeitskräftemangel, für die nur eine einjährige Ausbildung gilt, soll die Regel nach Wunsch der Integrationsminister auch greifen.
Müller sprach von einer „weiteren Ausnahme der Ausnahme“, denn Menschen, die bleiben dürfen, brauchten die Regelung nicht. Lucha hielt dagegen: „Solange die Menschen bei uns sind, sollen sie sich einbringen können.“Nun werde die Bundesregierung aufgefordert, die entsprechende gesetzliche Regelung zu schaffen. Er sei guten Mutes, sagte Lucha der „Schwäbischen Zeitung“, schließlich habe ihm Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bereits am Donnerstag Interesse signalisiert. Sollte der Bund nicht aktiv werden, scheint Lucha eine Bundesratsinitiative nicht auszuschließen. So sagte er am Freitag: „Ich fühle mich sehr ermuntert, da gesetzgeberisch aktiv zu werden.“
In einem weiteren Beschluss bekennt sich die Integrationsministerkonferenz zu einem „modernisierten und transparenten Einwanderungsrecht“. Bisherige Regelungen seien kompliziert. Die Minister fordern nun den Bund auf, zügig ein Einwanderungsgesetz zu schaffen, denn „Deutschland ist auf Einwanderung angewiesen“. Es brauche gute Rahmenbedingungen für den Zuzug gut ausgebildeter Menschen. Die CDUgeführten Länder Hessen und Saarland enthielten sich, allein Bayern stimmte dagegen. Ministerin Müller nannte das bestehende Zuwanderungsgesetz ausreichend. „Wir würden neue Anreize schaffen zur Zuwanderung.“Dass solch ein Gesetz vor der Bundestagswahl im September noch kommt, glaube er nicht, sagte Lucha. Es sei vielmehr ein „Debattenpfund“für die Koalitionsverhandlungen nach der Wahl.
Kein Signal der Geschlossenheit
Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Rainer Schmeltzer (SPD) äußerte sein Bedauern darüber, dass Bayern dem gemeinsamen Leitantrag der diesjährigen Konferenz nicht zugestimmt hat – ein Novum seit Gründung der jährlich unter wechselndem Vorsitz seit 2007 stattfindenden Konferenz, wie er sagte. In Zeiten wachsenden Populismus’ bedürfe es Zeichen von Geschlossenheit.
Bayern habe sich nicht anschließen können, erklärte die Staatsministerin Müller. „Wir müssen diejenigen gezielt fördern, die anerkannt sind, oder eine gute Bleibeperspektive haben.“Im Leitantrag fordern die Minister vom Bund etwa, Sprachkurse für deutlich mehr Personengruppen als bisher anzubieten. Unter anderem diese Forderung trägt Bayern nicht mit.