Schultourismus kostet den Kreis 1,7 Millionen Euro
Das Defizit im Öffentlichen Personennahverkehr steigt auf elf Millionen oder 35,64 Euro pro Kopf
AALEN - Genau 35,64 Euro hat der Kreis im vergangenen Jahr für jeden Einwohner aufgewendet, der den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) benutzt hat. Dies hat eine Untersuchung ergeben, die die Verwaltung für eine Klausurtagung der Kreistagsausschüsse für Bildung und Finanzen sowie Umweltschutz und Kreisentwicklung zusammen mit Busunternehmern erstellt hat (wir haben bereits kurz berichtet). Der Zuschussbedarf summierte sich auf über elf Millionen Euro. Seit 2012 ist er damit von damals sieben Millionen um 39 Prozent gestiegen. Allein für die Schülerbeförderung hat der Kreis im vergangenen Jahr über sechs Millionen Euro ausgegeben. Etwa ein Drittel davon verursacht der Schultourismus, das sind die Schüler, die nicht die nächstgelegene Schule besuchen, sondern bevorzugt weiter entfernt liegende Schulen.
Dieser Kostenblock macht dem Kreis starkes Kopfzerbrechen. Überlegt wird daher, den Eltern der „Schultouristen“einen Aufschlag von 15 Euro pro Monat auf ihren Eigenanteil abzuverlangen. Bei 3393 betroffenen Schülern würde dies die Kreiskasse um eine halbe Million Euro entlasten.
Die weitestgehende Maßnahme wäre, grundsätzlich nur die Beförderungskosten bis zur nächstgelegenen Schule zu übernehmen. Alle darüber hinaus gehenden Kosten müssten dann die Eltern selbst tragen, wie es in den Kreisen Heidenheim, Tübingen und Reutlingen der Fall ist.
Eine Alternative wäre, statt bisher zehn Eigenanteile im Jahr von allen Eltern elf Eigenanteile einzuziehen. Den Ostalbkreis und den Kreis Göppingen ausgenommen, der insgesamt am meisten verlangt, sind elf Eigenanteile im ganzen Land üblich. Auch diese Maßnahme würde die Kreiskasse um eine halbe Million Euro entlasten. Jedoch fürchtet die Verwaltung, dass dann Schüler beim Ostalb-Abo abspringen würden, was Einnahmeausfälle und höhere Tarife nach sich ziehen könnte.
Eigenanteil für Grundschüler?
Eine weitere Überlegung ist, von Grundschülern einen Eigenanteil von zehn Euro pro Monat zu verlangen, was sich mit 150 000 Euro in der Kreiskasse niederschlagen würde. Bisher ist für Grundschüler die Beförderung gratis. Schließlich wird darüber nachgedacht, den Eigenanteil grundsätzlich jedes Jahr um einen Euro anzuheben, anstatt ihn wie bisher nach zwei bis drei Jahren neu festzulegen.
Im Kreis ist der Zuschussbedarf für den ÖPNV nach Erkenntnissen der Verwaltung unter anderem deshalb so hoch, weil er keine kommunale Mitfinanzierung wie in anderen Landkreisen gibt. Wegen der polyzentrischen Struktur des Kreises gebe es ein dichtes Liniennetz, auf das sich eine ohnehin geringe Nachfrage verteilt. Mit einer Kilometer-Leistung von 11,6 Millionen im Jahr liegt der Kreis allerdings an dritter Stelle im Land nach Esslingen und Ludwigsburg. Dabei sei das ÖPNV-Angebot in Aalen und Gmünd höher als in Friedrichshafen, VillingenSchwenningen oder Offenburg.
Auch zahlreiche Freiwilligkeitsleistungen tragen zum Defizit bei, etwa 100 000 Euro für Direktfahrten zwischen Gschwend und Ellwangen, 160 000 Euro für den Lückenschluss zum Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) oder 50 000 Euro für das fiftyFifty-Taxi.
Kosten zu senken ist nach Einschätzung der Verwaltung schwierig, weil beispielsweise die Unternehmen ein Recht auf auskömmliche Tarife einschließlich eines angemessenen Gewinns haben. Jedes Prozent Tariferhöhung würde zwar 150 000 Euro mehr einbringen, berge aber die Gefahr, dass Fahrgäste abspringen. Bei einem bedächtigen Anheben der Preise allerdings habe es bislang kaum Beschwerden gegeben. Am 25. April befasst sich der Ausschuss für Kreisentwicklung mit dem Thema, am 30. Mai kommt es in den Kreistag. Damit soll die Chance gewahrt bleiben, mit Beschlüssen eventuell auf das neue Schuljahr einzuwirken.