Neue Römerfunde in der Bischof-Fischer-Straße
Archäologen entdecken unter dem dortigen Schotterparkplatz Zeugnisse einer früheren Ansiedlung
AALEN - Reste eines Brunnens, bearbeitetes Knochenmaterial und Keramikscherben, die mehrere Tausend Jahre alt sein könnten: Das haben Archäologen am Dienstag auf dem Parkplatz an der Ecke Bischof-Fischer-Straße/Stuttgarter Straße, gegenüber des Hotels „Antik“, in Aalen gefunden. Somit steht fest, dass es auch dort zu Zeiten des Römerkastells eine Ansiedlung gegeben hat.
Der Parkplatz ist nicht wiederzuerkennen: Dort, wo vor wenigen Tagen noch bis zu 40 Autos parkten, liegen kurz nach der „Sondage“bis zu 1,20 Meter tiefe Gräben in der Erde. Sondage bezeichnet die Voruntersuchungen zu den eigentlichen Grabungen, den sogenannten Rettungsgrabungen, um zu testen, ob das Grundstück überhaupt von archäologischem Interesse sein könnte und wie tief man für etwaige weitere Funde weitergraben muss. Daneben türmen sich Schutt- und Erdhügel. Christian Bollacher zeigt auf einen angedeuteten Steinkranz mitten im Graben. „Das sieht nach einem verschütteten Brunnen aus, der römisch sein könnte“, sagt der Archäologe, der die Grabungen für das Regierungspräsidium Stuttgart leitet.
Wenige Meter weiter von der Stuttgarter Straße entfernt ist eine schwarze Färbung im Boden zu erkennen. Bollacher spricht hier von Bodeneingriffen, von denen man auf dem Grundstück mehrere gefunden habe. „Das könnten Pfostenstandorte für ein Grubenhaus gewesen sein“, sagt er. „Damit lassen sich mit etwas Glück die früheren Gebäudegrundrisse nachvollziehen.“Alle Indizien legten dies nahe.
Die Grabungen sind notwendig, weil die Aalener Wohnungsbau dort im Sommer ein Wohn- und Geschäftshaus errichten will. Die Fläche lag mitten im zivilen Lagerdorf des ehemaligen Reiterkastells Aalen und steht somit unter Unesco-Welterbe-Schutz. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Gebiet überbaut. Vor mehr als drei Jahren fand man bereits bei Grabungen in der Gartenstraße und gegenüber der Freien Tankstelle römische Hinterlassenschaften. Dass man auch hier auf Funde stoßen werde, hatte Bollacher deshalb schon erwartet.
„Hier hat sich eine zivile Siedlung von beträchtlicher Größe entwickelt“, sagt der Archäologe. „Wenn man in Aalen ein Loch macht, kann man davon ausgehen, Spuren römischer Siedlungen zu finden.“Durch die ehemalige Überbauung auf diesem Grundstück mit Unterkellerung seien die Bodenverhältnisse zwar erheblich gestört worden, aber einiges haben die Ausgräber trotzdem wiederentdeckt. Dazu zählen auch bearbeitetes Knochenmaterial und kohlrabenschwarze Keramikbruchstücke, die Bollacher jetzt auf seiner Handfläche ausbreitet: „Die könnten sogar aus der Zeit noch vor den Römern stammen.“
Weiteres Gebäude wird abgerissen
In den nächsten Wochen sollen die eigentlichen Grabungen stattfinden. Dann wird im gesamten Teil des Grundstücks gebuddelt, der später zur Tiefgarage gehören soll. Im Sommer dann will die Wohnungsbau Aalen mit dem Bau des Wohn- und Geschäftshauses beginnen. „Dieser Kulturschatz wird durch die Tiefgarage zerstört“, sagt Patrizio Visci, Technischer Leiter bei der Wohnungsbau Aalen. Deshalb müssen alle Funde zunächst sorgfältig dokumentiert werden. Denn, so Bollacher, auch die neuen Funde seien „ein weiteres Puzzlestück zum Verständnis der Alltagsgeschichte in Aalen, sie vervollständigen unser Geschichtsbild.“
Parallel findet auf demselben Grundstück der Abriss des Wohngebäudes mit der Hausnummer 38 statt. Am Freitag deckten Bauarbeiter bereits das Dach ab. „Die kommenden Tage wird das Gebäude dann abgerissen“, sagt Visci und meint damit Anfang bis Mitte nächster Woche. Dafür wird dann der Gehweg auf dieser Seite gesperrt, eventuell auch ein Teil der Stuttgarter Straße.