Bizarr wie immer
„Die andere Seite der Hoffnung“ist ein typischer Kaurismäki-Film
Aki Kaurismäki hat sich rar gemacht. Früher brachte der finnische Regisseur manchmal zwei Filme pro Jahr ins Kino. Seit „Le Havre“sind fünf Jahre vergangen. Auch in seinem neuen Film „Die andere Seite der Hoffnung“erzählt Kaurismäki eine Flüchtlingsgeschichte: Der Syrer Khaled (Sherwan Haji) landet auf einem Kohledampfer im Hafen von Helsinki. Seine Schwester soll hier leben. Mehr weiß er nicht. Khaled will Asyl, scheitert an den Institutionen – und überlebt durch die Hilfe von Menschen.
Könnte kitschig sein, nicht aber bei Kaurismäki. Sein lakonischer Erzählstil, der bei der diesjährigen Berlinale (wir berichteten) mit einem Silbernen Bären gewürdigt wurde, schließt jede Rührseligkeit aus. Die Geschichte hat zwei Stränge, die sich erst in der Mitte berühren: Am einen Ende taucht aus dem Kohlehaufen im Schiffsbauch ein Gesicht auf, Khaled. Die Kamera folgt ihm zu Behörden, ins Erstaufnahmelager, in die Hinterhöfe von Helsinki. „Syrien ist ein sicheres Land“, sagt die Beamtin, und gleichzeitig laufen im Fernsehen Bilder von der Bombardierung Aleppos. Zwischen den Mülltonnen entdeckt Waldemar Wikström (Sakari Kuosmanen) den geflohenen Flüchtling und gibt ihm zuerst eins auf die Nase – und dann Arbeit.
Das andere Ende der Geschichte, die mit Wikström beginnt, hat Kaurismäki schon vorher eingeführt: ein strenger Mann, Vertreter für Oberbekleidung, der sein Leben von einem Tag auf den anderen ändert. Morgens legt er seiner Frau Ehering und Hausschlüssel auf den Frühstückstisch. Dann verkauft er sein Hemdenlager, geht mit dem Erlös zum Pokern und kauft mit dem Gewinn ein heruntergekommenes Restaurant samt Personal.
„Die andere Seite der Hoffnung“ist ein typischer Kaurismäki-Film mit stoischen Figuren, spärlichen Dialogen, bizarren Settings und jener besonderen Art von Humor, für die die Fans den Finnen lieben. Seine große Kunst besteht darin, uns erkennen zu lassen, wie bizarr das sogenannte normale Leben ist.