Im Strudel der Gezeiten
Das Frank Heinz Concert Quartett und die Sinfonietta Oberkochen-Königsbronn gefallen bei den 27. Jazz Lights
OBERKOCHEN - Drei Stücke – und doch ein abendfüllendes Programm. Das Frank Heinz Concert Quartett und die Sinfonietta Oberkochen-Königsbronn haben bei den 27. Jazz Lights einen beeindruckenden Abend gestaltet. Im nicht ganz ausverkauften Bürgersaal des Oberkochener Rathauses stand eine Uraufführung im Fokus: „Sonett der Gezeiten“des Stuttgarter Posaunisten Frank Heinz, ein einstündiges Werk mit nachhaltiger Wirkung.
Organisator und Komponist
Zunächst stand aber Jazz-Lights-Macher Reinhold Hirth im Mittelpunkt – zum einen als Organisator, zum anderen als Komponist. Der Abend, so versprach er in seiner Anmoderation, vereine zwei markante Profilmerkmale des Festivals: der grenzüberschreitende Umgang mit Klassik und Jazz (oder andersrum) und die Aufmerksamkeit für die regionale Musikszene. Das Kammerorchester Sinfonietta zum Beispiel besteht aus 17 Instrumentalprofis und engagierten Amateuren aus der Region und steht unter der Leitung von Musikschulleiter Andreas Hug.
Der freute sich, dass er zum ersten Stück gleich den Komponisten begrüßen durfte – eben Reinhold Hirth, den scheidenden Kulturbeauftragten der Stadt Oberkochen. Sein kleines „Concertino für Jazzband und Streichorchester“hat Hirth vor gut 15 Jahren geschrieben, „in meinem früheren Leben als Musiker“. Es muss ein hartes Leben gewesen sein, denn das Stück beginnt schwermütig. Hirth stellt die beiden Kontrapunkte Jazz und Klassik gegenüber, verschmelzt sie nicht, sondern arbeitet die Kontraste heraus. Keine Melange, eher ein Latte Macchiato. Mal schimmert Brubecks „Take Five“durch, mal das Bachsche Musikverständnis. Klar wurde: In Hirths Brust schlagen zwei Herzen. Das zweite Stück des Abends war „Piccola Musica Di Concerto“des ungarischen Komponisten Ferenc Karkas. Das Stück, das die Sinfonietta alleine spielte, entpuppte sich als verzwickte Angelegenheit, der die Sinfonietta vor allem in den leiseren Passagen nicht immer gewachsen war.
Der Höhepunkt folgte nach der Pause. Das „Sonett der Gezeiten“von Frank Heinz (Hirth: „Ein sehr kreativer Kopf.“). Jetzt standen Orchester und Quartett wieder gemeinsam auf der Bühne, das Quartett mit Heinz (Posaune), Uli Möck am Piano, Jens Loh am Kontrabass und Schlagzeuger Eckhard Stromer hatte sich zudem durch den Aalener Paukisten Alfred Ruth zum Quintett ausgewachsen.
Heinz verfolgt in seinem knapp einstündigen Werk „Sonett der Gezeiten“einen etwas anderen Ansatz als Hirth. Mit an Filmmusik erinnernden Melodien lässt er den Spannungsbogen wie Ebbe und Flut aufund abschwellen. Ein echter Seelenschmeichler. Die Jazzcombo erhält auf der einen Seite viel Platz zum Improvisieren, den neben Heinz vor allem Pianist Möck sehr gut zu nutzen weiß. Hin und wieder greift Heinz auf der Bühne ein, wenn ihm etwas zu schnell oder zu langsam ist, aber Band und Orchester finden in einem in sich stimmigen Werk schnell zu einer Einheit zusammen. Andreas Hug lotst seine Sinfonietta gleich einem Steuermann auch durch schwierige Passagen, so dass der lang anhaltende Applaus zum Schluss mehr als verdient ist.