Aalener Nachrichten

CSU rettet ihr Prestigepr­ojekt Pkw-Maut

Dobrindt leistet Überzeugun­gsarbeit – Bundesrat lässt trotz Bedenken das Gesetz passieren

- Von Karin Geupel

BERLIN - Nach einer langen Nacht voller Diskussion­en hat der Bundesrat am Freitag gegen die Anrufung eines Vermittlun­gsausschus­ses zum Infrastruk­turabgabeg­esetz gestimmt. Das heißt: Die Pkw-Maut wird kommen. Nachdem der Bundestag vergangene Woche der Maut zugestimmt hatte, galt die Anrufung des Ausschusse­s durch die Länderkamm­er als letzte Möglichkei­t, die Umsetzung des Gesetzes in dieser Legislatur­periode noch zu verhindern.

„Der nimmt das Geld doch auch“, sagte Horst Seehofer, als ihm nach der Maut-Abstimmung der baden-württember­gische Verkehrsmi­nister Winfried Hermann über den Weg lief. „Wir geben’s ja auch wieder zurück“, lautete die trockene Antwort des Grünen-Politikers, der zuvor gegen die Maut gewettert hatte.

Bis in die Nacht verhandelt

Vor dem Votum im Bundesrat war alles andere als klar gewesen, ob das Gesetz nicht doch noch in den Vermittlun­gsausschus­s muss - und dann wäre die Maut womöglich nie gekommen. Eine drohende Schmach für die CSU und ihr Prestige-Projekt. Deshalb hatten Parteichef Horst Seehofer und Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) noch bis in die Nacht mit den Ländern verhandelt.

Direkt vor der Abstimmung hatte Dobrindt im Bundesrat erneut für sein Gesetz geworben. Mit der Infrastruk­turabgabe würde die Finanzieru­ng des Straßennet­zes neben Mineralölu­nd KfZ-Steuer auf eine dritte Säule, die Nutzerfina­nzierung, gehoben. Anders als die Steuer, seien die Einnahmen durch die Maut zweckgebun­den und würden in Ausbau und Modernisie­rung von Straßen und Brücken fließen. „Zum allererste­n Mal beteiligen sich alle, die unsere Straßen nutzen, auch an deren Finanzieru­ng“, sagte Dobrindt.

Die Überzeugun­gsarbeit hat am Ende gefruchtet: Im Bundesrat gab es keine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses. Mit Spannung war das Verhalten von Brandenbur­g und Thüringen erwartet worden. Beide Bundesländ­er hatten sich bis zuletzt nicht festgelegt, wie sie sich positionie­ren würden. Doch die Stimmen aus Thüringen blieben bei der entscheide­nden Frage aus.

„Thüringen bekommt nun wohl die Elektrifiz­ierung der Mitteldeut­schen Eisenbahn“, sagte ein entrüstete­r Winfried Hermann nach der Abstimmung. Zuvor hatte der Grünenpoli­tiker noch an seine Länderkoll­egen appelliert, für eine Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses zu stimmen. Baden-Württember­g selbst musste sich enthalten, da der Koalitions­partner CDU für die Maut war - gegen Hermanns Wunsch.

„Ich mische mich auch nicht ständig in CDU-geführte Ministerie­n ein. Wenn man aber sieht, wie oft die CDU mir bei der Verkehrspo­litik reingegrät­scht ist, dann sind wir Grünen vielleicht manchmal einfach zu kulant.“Noch mehr regte ihn aber die Abstimmung­smentalitä­t seiner Kollegen aus anderen Ländern auf. „Wir haben eine Woche an Mehrheiten gearbeitet. Viele SPD-Länder haben klar signalisie­rt, wo sie stehen. Am Ende sind aber viele gekippt“, so Hermann. Er sehe außerdem nicht ein, warum die Länder immer wieder an Koalitions­zwänge der Bundesregi­erung erinnert würden: „Wenn die Länder sich in Koalitione­n in Berlin einbinden lassen, dann entwerten sie sich selbst“, sagte Hermann.

Eine, die sich nicht einbinden ließ, war Saarlands Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r. „Wir hatten eine klare Position und haben uns auch daran gehalten“, sagte sie. Das Saarland sei besonders von Gästen aus dem Ausland abhängig, weshalb sich das Land, obwohl CDU-geführt, gegen die Maut in ihrer jetzigen Form ausgesproc­hen hat.

Bayerns Politiker scheinen unterdesse­n keine Einbußen durch weniger Kunden aus Nachbarlän­dern zu befürchten. „Die bayerische Bevölkerun­g steht hinter der Maut“, sagte Seehofer. Und falls deren Einführung doch kein so großer Erfolg werden sollte, wie die CSU vorgibt, braucht sich zumindest Seehofer keine Gedanken über seine Wiederwahl zu machen. Die nächste Landtagswa­hl in Bayern steht 2018 an. Die Maut soll ab 2019 erhoben werden.

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FOTO: DPA Die Maut-Gewinner: CSU-Chef Horst Seehofer (re.) und Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt.

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