Aalener Gastro-König eröffnet 1968 das originellste Lokal im Ostalbkreis
Mit Fell bedeckte Gärbottiche sind der Namensgeber für das Urgestein im Westen gewesen – Der Bottich hat alle überlebt und ist die älteste Disco in Aalen
AALEN (vs) - „Das originellste Lokal im Kreis“– so lautete die Schlagzeile des Zeitungsartikels, der am 13. September 1968 erschienen ist. Anlass war die Eröffnung des Bottichs im Saal der ehemaligen Gaststätte Rössle. Die Idee dazu, im Westen der Stadt ein Tanzlokal aus dem Boden zu stampfen, hatte Karlmann Reich von der Firma Reich Gaststättenbetriebe. Gepachtet hat er die Lokalität von der Aalener Grünbaum-Brauerei, der heute noch das Gebäude gehört.
Eigentlich war der Aalener Architekt. Sein Bruder Hansjörg, der ebenfalls an der Firma beteiligt war, war Bauingenieur. Doch Karlmann Reich war auch der Gaststättenkönig in Aalen, sagt Wolfgang Fausel, der 1978 die Geschäftsführung der Kult-Disco übernommen hat und seit 1989 der Pächter ist. „Es gab so gut wie kein Lokal, das nicht die Firma Reich betrieben hat, sagt Peter Fausel und denkt bei den zehn Betrieben etwa an die Tenne, den Pub oder den Spion.
Die Inneneinrichtung, der der Bottich überhaupt seinen Namen verdankt, ist ebenfalls der Kreativität von Karlmann Reich entsprungen. Dazu gehörten die in zerschnittenen Gärbottichen angeordneten und mit Fell bedeckten Sitzplätze und die aus alten Bierfässern gefertigten Barhocker, die mit Zement ausgegossen waren. Neben diesen Gestaltungselementen und den Kutscherleuchten, Wagenrädern und alten Pferdegeschirren, die ebenfalls aus der Grünbaum-Brauerei stammen, waren die zwei Bottiche, die auf Pfählen gestellt wurden und in die über eine kleine Treppe eingestiegen werden konnte, ein besonderer Gag.
„Das Lokal für Teens, Twens und Ältere kam von Anfang an“, erinnert sich Manfred Schiegl, der 1968 die Eröffnung des Bottichs mit seinem Manfred-Schiegl-Quartett musikalisch begleitete. Ein Clou war damals, als sein Pianist Siegfried Liebl auf einer von Dieter Wagner selbst gebauten Hammond-Orgel spielte. Und auch nach dem gelungenen Start hat der Bottich nicht nur auf Musik aus der Konserve gesetzt, sondern immer wieder hochkarätige Bands verpflichtet. Manfred Schiegl denkt unter anderem an Musiker von Erwin Lehn, an Günther Leimstoll oder an Peter Witte. Aber auch Schlager-Stars wie Howard Carpendale waren hier zu Gast. Legendär seien für Schiegl vor allem die Tanzcafés jeden Sonntag ab 17 Uhr gewesen. Ein volles Haus bescherten auch die Kinderdiscos, die von 1977 bis 1984 jedes Mal bis zu 200 Teenies zwischen 14 und 18 Jahren in den Bottich gezogen haben, sagt Wolfgang Fausel.
Retro-Style von 1982 ist geblieben
1982 wurde der Bottich renoviert. In diesem Zug mussten auch die Holzbottiche zeitgemäßen Sitzmöglichkeiten weichen. Aus dem Bottich wurde somit der New Bottich. So nennt aber kein Aalener die Kult-Discothek, die im Laufe der Zeit auch ihre Öffnungszeiten nach und nach reduzierte. Hatte sie über 40 Jahre lang von Mittwoch bis Sonntag auf, war sie bis vor vier Jahren nur noch am Wochenende geöffnet. Seit zwei Jahren macht die Kult-Disco, die ihren Retro-Style in Sachen Inneneinrichtung seit 1982 nie mehr verändert hat, nur noch für Themenveranstaltungen wie die TenneNacht, die Pub-Nacht oder den Ü40Beat-Club auf. Mit dem Ende des Löwen-Clubs finden hier seit fünf Jahren auch die Jazz-Jam-Sessions mit hochkarätigen Protagonisten statt.
Warum der Bottich heute noch lebt, liegt auf der Hand. Wolfgang Fausel, der 1978 als Geschäftsführer die Nachfolge von Klaus Lehmann, Heinz Mohring und Walter Pawlita angetreten hat und seit 1989 Inhaber ist, hat die Disco von Anfang an mit Herzblut geführt. Als bekannter Ringer beim KSV Aalen war er auch ein Anziehungspunkt für zahlreiche Sportler aus der Region. „Der Bottich hat zudem mit seiner Musikauswahl und den Themenveranstaltungen stets die Geschmacksrichtungen aller Generationen berücksichtigt und ist auf die Wünsche der Gäste eingegangen.“Das zeige die hohe Zahl an Stammgästen. Und last but not least. „Der Personalwechsel ist hier gleich Null“, sagt Fausel. Er denkt nicht nur an DJs wie Franz Rieger, sondern auch an Bedienungen wie den 67-jährigen Luigi – ein weiteres Urgestein des Bottichs.